01.04.2021
Eintracht

Zwei gute Seelen

Vereinstreue, Teil 6: Franco Lionti arbeitet seit fast einem Vierteljahrhundert, Rainer Falkenhain seit 1985 für die Eintracht. Bei beiden spielt der 1. April eine entscheidende Rolle.

1. April 1985: Rainer Falkenhain erhält eine Festanstellung bei Eintracht Frankfurt.

1. April 1997: Franco Lionti soll als Dolmetscher zu einem U21-Länderspiel nach Granada fliegen – am nächsten Tag. Vermittelt von Eintracht-Schatzmeister Gaetano Patella und damit im Auftrag der Adlerträger. Erstmals.

1. April 2021: Lionti ist als Materialwart nur noch 15 Monate vom 25sten Dienstjubiläum entfernt und hat seinen Status auch Rainer Falkenhain zu verdanken. „Falke“ arbeitet nach drei Jahrzehnten im Lizenzspielerbereich nun als Vorstandsberater. Beide freuen sich auf viele weitere Jahre mit und bei der Eintracht. 

Herr der Trikots und gelben Kisten: Franco Lionti.

Die Redaktion trifft Franco Lionti in Block 41 an seinem Arbeitsplatz. In unzähligen gelben Kisten lagern Trikots, Stutzen, Hosen, Jacken und vieles mehr feinsäuberlich sortiert. In der Raummitte dienen einige Tische aneinandergereiht als große Ablagefläche. Die Beflockungsmaschine war gerade im Einsatz. „Eines von vielen Beispielen, wie sich die Arbeit in den vergangenen Jahren verändert hat“, erzählt Lionti. „Früher haben wir das nicht selbst gemacht, heute muss alles viel schneller gehen.“ Ein paar Meter weiter hat der 53-Jährige sein kleines, aber feines Büro. An der Wand hängen Fotos und Grüße von Ex-Spielern und -Trainern. Eine Wand wie eine Zeitreise und der Beweis, dass er bei vielen Weggefährten einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Und das über mehr als zwei Jahrzehnte. Als Lionti bei der Eintracht Fuß fasste, war Horst Ehrmantraut Trainer. Das ist eine ganze Weile her.

Die Eintracht weiß, was sie an mir hat – und umgekehrt.

Franco Lionti

Im Alter von neun Jahren kam Lionti mit seiner Familie aus Sizilien nach Deutschland. Es dauerte nicht lange, bis er mit Freunden ins Waldstadion fuhr und dort stand, wo die Hartgesottenen Körbel, Hölzenbein und Co. anfeuerten: im G-Block. Später kickte er beim FC Italia, bei dem er auch Vorstandsarbeit leistete. Über den damaligen Eintracht-Schatzmeister Gaetano Patella und den als Scout wirkenden 59er Meister Istvan Sztani kam er ins Eintracht-Umfeld und wurde am 1. April 1997 gefragt, ob er als Dolmetscher nach Granada zu einem U21-Länderspiel zwischen Deutschland und Albanien reisen würde. „Ich dachte, es wäre ein Aprilscherz. Aber ich hatte sowieso gerade Urlaub“, war Lionti sofort Feuer und Flamme.

Franco Lionti im Jahr 2001.

Nun nahm alles seinen Lauf. Er arbeitete zunächst ehrenamtlich fast täglich am Riederwald, unterstützte Patella und Geschäftsführer Jürgen Gerhardt, war schnell Mädchen für alles. Er erledigte Behördengänge für Spieler, schaute sich VHS-Kassetten an und unterstützte damit die Spielvorbereitung des Trainers. Videoanalysten, Teammanager – all das gab’s damals noch nicht. Seinen Job im Sanitärgroßhandel gab er auf, ab 1. Juli 1997 hatte er einen Vertrag bei der Eintracht. Ins erste Trainingslager nach Zypern unter Trainer Felix Magath brachte ihn ein Zufall. „Friedel Lutz hatte einen Leisten-OP gehabt und konnte nichts heben“, erinnert sich Lionti. Lutz und auch Anton Hübler, seine Vorgänger, zählen zu seinen Lehrmeistern. Rainer Falkenhain war lange Zeit sein Vorgesetzter, „ich bin ihm sehr dankbar“. Materialwart nennt sich seine Tätigkeit heute, mit dem seit zehn Jahren ebenso in dieser Position tätigen Igor Simonov ist auch sein Kollege eine Konstante.

Lionti liebt seine Arbeit und liebt die Eintracht. „Die Eintracht weiß, was sie an mir hat – und umgekehrt“, sagt er. Loyalität, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit – das sind nur drei Eigenschaften, die ihn auszeichnen und auf die er viel Wert legt. Der eine oder andere Trainer wollte ihn schon zur nächsten Station mitnehmen, drüber nachgedacht hat er letztmals vor rund zehn Jahren. „Heribert Bruchhagen [ehemaliger Vorstandsvorsitzender; Anm. d. Red.] und Rainer Falkenhain haben mir abgeraten. Sie sagten: Wenn der Trainer dann fliegt, bist du der Nächste.“ Heute kommen ihm solche Gedanken nicht mehr; er ist stolz, bald ein Vierteljahrhundert für seinen Herzensverein tätig zu sein. Zumal seine Familie mit Geschwistern und Eltern im Frankfurter Raum heimisch ist und auch seine beiden erwachsenen Kinder bei der Eintracht arbeiten. Tochter Valentina als Werkstudentin im Bereich Produktmanagement und Einkauf und Sohn Giuseppe als Greenkeeper. „Die Familie hat viel geopfert“, sagt er anerkennend, rund eine Handvoll Spiele hat er seit seinem Dienstbeginn lediglich verpasst.

Falkenhain: „Große Liebe Eintracht Frankfurt“

Rainer Falkenhain arbeitet seit 1. April 1985 für Eintracht Frankfurt. Bis 2018 war er Leiter der Lizenzspielerabteilung, seitdem ist er Berater des Vorstands. Acht Fakten und Anekdoten über den „Macher, Arbeiter, Fan und Meister der Organisation“ (Frankfurter Rundschau), der die Eintracht-DNA verinnerlicht hat wie kaum ein Zweiter.

Ein Foto aus der Anfangszeit von Rainer Falkenhain bei der Eintracht, abgebildet mit Anton Hübler.

Rainer Falkenhain machte sein Hobby zum Beruf, war erst Fan und fing bei „seiner großen Liebe Eintracht Frankfurt“ (O-Ton Falkenhain) am Riederwald mit ehrenamtlicher Arbeit an. Der damalige Geschäftsführer Peter Röder sprach den Studenten, der öfter am Riederwald beim Training zuschaute, zufällig an. Röder wollte seinerzeit das Team vergrößern – kurz darauf richtete Falkenhain seinen Schreibtisch ein. Der Verein hatte bis dato nicht mal zehn Mitarbeiter. Falkenhain erlebte über zwei Dutzend Trainer in seiner Zeit im Lizenzspielerbereich. An seinem ersten Arbeitstag war Dietrich Weise Trainer. Jörg Berger holte ihn 1989 von der Geschäftsstelle auf die Bank. Einmal flog er von dieser, wegen „Fehlverhalten gegen das Schiedsrichterteam“. Den berühmten Gartenstuhl, auf dem Horst Ehrmantraut am Spielfeldrand saß, hatte Falkenhain im Baumarkt gekauft.

Rainer Falkenhain als Leiter der Lizenzspielerabteilung hochoffiziell in Anzug und Krawatte (l.).

Als 20 Eintracht-Fans 1993 mit der Mannschaft zum Europapokalspiel nach Dnipropetrowsk flogen, spendierte Falkenhain den Anhängern ein Essen. Unzählige Male hielt er die Wechseltafel hoch. „Mit der größten Nervosität beim letzten Spiel von Alex Meier.“ Der Testspieler Cherif Touré Mamam war 1995 mit ins Trainingslager nach Österreich gereist, hatte aber keine Aufenthaltsgenehmigung für die Alpenrepublik. So organisierte Falkenhain mit, dass er im Kofferraum über die Grenze zurück nach Deutschland gefahren wurde. Falkenhain erlebte zwei DFB-Pokalsiege, sämtliche vier Ab-und Aufstiege sowie alle Wellentäler auf und neben dem Platz hautnah an der Mannschaft. Als Berater des Vorstands kümmert er sich seit 2018 unter anderem um die internationalen Markenbotschafter – fast alle waren unter ihm Spieler und Trainer, Karl- Heinz Körbel jubelte er schon als Fan zu – und Aufgaben im Zusammenhang mit dem internationalen Spielbetrieb.

Francos Treue-Triple 

  1. G-Block schon in den 1970ern.
  2. Job im Sanitärgroßhandel für die Eintracht gekündigt.
  3. Bald 25stes Dienstjubiläum.

Rainers Treue-Triple 

  1. 50 Jahre Eintracht-Fan, 36 Jahre im Eintracht-Dienst.
  2. Kam 1997 nach nur vier Wochen bei 1860 München wieder zurück.
  3. Sagt über seine Zukunftspläne: „Ich möchte bei der Eintracht in Rente gehen.“

Die „Eintracht vom Main“ hat auf 27 Seiten die Geschichten derjenigen aufgeschrieben, die eine schon sehr lange und intensive Beziehung zur Eintracht pflegen. Dabei kann Treue durchaus sehr vielfältig sein. Einige Namen gefällig? Karl-Heinz Körbel, Franco Lionti, Timothy Chandler, Bernd Hölzenbein, Friedel Lutz. Alle Geschichten gibt’s im ePaper der März-Ausgabe, einige davon hier auf eintracht.de in einer kleinen Serie.