09.06.2019
Historie

120 Jahre Eintracht Frankfurt: Ein Wechselbad der Gefühle

Zwischen Existenzkampf und Europa-Rausch wurde es in den vergangenen Jahrzehnten nie langweilig mit der Eintracht. Der dritte Teil der Zeitreise befasst sich mit der jüngeren Vergangenheit.

In der Wendezeit begann ein nervenzehrendes Auf und Ab für alle, die es mit der Eintracht halten. 1989 rettete sich die SGE in der Relegation gegen den 1. FC Saarbrücken vor dem Abstieg in die Zweitklassigkeit. Im Folgejahr berappelte sich die Mannschaft wieder und stürmte auf Platz drei. Zwar weckten die Verpflichtungen von Möller und Yeboah und die Vertragsverlängerungen mit Körbel, Stein und Binz große Hoffnungen, doch der Verein rieb sich immer wieder mit internen Querelen auf. In der Rückrunde der Saison 1990/91 wurde Dragoslav Stepanovic als Trainer vorgestellt. Fortan verzauberte die Eintracht die Liga mit dem leichtfüßigen und offensiven „Fußball 2000“.

Ausgerechnet mit dieser Zeit sind traumatische Erinnerungen eines jeden Eintrachtlers verbunden. Am letzten Spieltag der Saison 1991/92, übrigens der ersten nach „Wiedervereinigung“ der Bundesliga mit der DDR-Oberliga, musste die Eintracht beim designierten Absteiger Hansa Rostock antreten. Mit einem Sieg wäre ihr die Meisterschale nicht mehr zu nehmen gewesen. Doch die Mannschaft spielte gehemmt. Und dann kam auch noch Pech dazu: Nach einem Foul an Ralf Weber blieb der Elfmeterpfiff aus und kurz vor Schluss traf Edgar Schmitt den Innenpfosten. Rostock gewann 2:1, Meister wurde der VfB Stuttgart. Dass die Eintracht Anfang der 1990er Jahre immer wieder auf internationaler Bühne vertreten war, tröstete kaum über die Schmerzen hinweg, die das Rostock-Spiel noch immer verursachte. Ein schleichender Niedergang hatte begonnen und gipfelte im Abstieg aus der Bundesliga im Mai 1996.

Raus aus dem Fahrstuhl

In der Folge entwickelte sich die Eintracht zu einer Fahrstuhl-Mannschaft. 1998 gelang der erste Wiederaufstieg, ein Jahr später hielt Jan Aage Fjörtoft den Verein mit seinem Übersteiger-Tor beim 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern in der Liga. 2001 ging es trotzdem wieder eine Etage tiefer. Beinahe wäre der Verein aufgrund seiner finanziellen Situation in die dritte Liga durchgereicht worden, doch treue Sponsoren und Bürgen retteten ihn in letzter Not. 2003 wurde die Eintracht auf dramatische Art und Weise wieder erstklassig. Dank eines Kopfballtores von Alexander Schur in der dritten Minute der Nachspielzeit besiegte die SGE den SSV Reutlingen mit 6:3, das Ergebnis reichte aufgrund der Tordifferenz zum Aufstieg. Im Folgejahr ging es wieder runter, ein Jahr darauf wieder hoch.

Am Riederwald eröffnete Ende 2010 das neue Sportleistungszentrum des Vereins. Die Eintracht hatte sich in der Zwischenzeit wieder in der ersten Bundesliga etabliert – und wäre nicht die Diva vom Main, wenn nicht 2011 noch einmal etwas schief gegangen wäre. In der Winterpause hatte noch Platz sieben zu Buche gestanden, es folgte eine katastrophale Rückrunde, die mit dem Abstieg endete. 2012 konnte dieser „Unfall“ behoben werden. Die Eintracht kehrte zurück in die erste Liga und qualifizierte sich gleich in der ersten Saison für die UEFA Europa League. In Erinnerung bleiben den Fans vor allem die tollen Spiele in Bordeaux und Porto, wohin die SGE von tausenden Anhängern begleitet wurde. In der Saison 2015/16 gab es dann noch einmal ein Herzschlagfinale. Erst in der Relegation gegen den 1. FC Nürnberg hielt die Eintracht die Klasse. Ein Jahr später machte die Mannschaft von Trainer Niko Kovac im DFB-Pokal von sich reden. Erst Finalgegner Borussia Dortmund konnte die Eintracht aufhalten, das Endspiel vor mehr als 30.000 mitgereisten Fans endete 1:2. Ein Jahr später kehrten die Adler nach Berlin zurück. Dieses Mal brachten sie den Pokal nach einem 3:1 gegen den FC Bayern München mit nach Frankfurt. Die Euphorie war und ist grenzenlos angesichts des ersten Titels im Profifußball nach 30 Jahren. Eine Euphorie, die die Eintracht in der Saison 2018/19 auch durch Europa trug. Magische Nächte in der UEFA Europa League verzauberten die ganze Eintracht-Familie. Trainer Adi Hütter ließ seine Mannschaft mit inspirierendem Offensivfußball und beeindruckender Mentalität bis ins Halbfinale stürmen. Erst der spätere Titelträger Chelsea FC konnte die Eintracht im Elfmeterschießen aufhalten. Ob es eine Fortsetzung der europäischen Festspielwochen geben wird, werden die ersten Spiele der Saison 2019/20 zeigen. Fest steht aber: Zwischen Existenzkampf und Europa-Rausch wurde es in den vergangenen Jahrzehnten nie langweilig mit der Eintracht. Im 120. Jahr seines Bestehens hat der Verein die Marke von 75.000 Mitgliedern überschritten. Sie alle eint der Stolz auf 120 Jahre bewegte Vereinsgeschichte.