25.04.2021
Bundesliga

Das Märchen bleibt real

Der Kampf um die Königsklasse spitzt sich nach dem 1:3 in Leverkusen weiter zu. Im Grunde bleibt die Ausgangslage aber unverändert – und die Eintracht weiter ihres Glückes Schmied.

Die Entstehung des Treffers zum 1:3-Endstand aus Sicht der Eintracht war gewissermaßen sinnbildlich für die Niederlage in Leverkusen. Hatte André Silva mit seinem 25. Saisontreffer kurz zuvor nochmal für Hoffnung gesorgt, war es im Gegenzug ein unglücklich abgefälschter Distanzschuss, der jegliche Hoffnung auf einen späten Ausgleich im Keim erstickte. „Leverkusen hat immer zum richtigen Zeitpunkt das Tor gemacht“, analysierte Martin Hinteregger nach dem Spiel treffend. Der Sieg der Werkself entsprach den Spiel- und Chancenanteilen, keine Frage.

Die „letzte Durchschlagskraft und Sauberkeit“ habe laut Sportvorstand Fredi Bobic gefehlt. Dem schlossen sich Spieler und Trainer an. Dennoch „gab es auch Momente, in denen wir das Quäntchen Glück hatten, dass Frankfurt nicht in Führung gegangen ist“, wie Bayer-Coach Hannes Wolf zugab – bis eben Bayer im richtigen Moment zuschlug. Deshalb ist auch die Tatsache ein schwacher Trost, dass auf Grundlage der Expected-Goal-Werte die Abschlussqualität der Adlerträger sogar höher war und am Ende eine Torwahrscheinlichkeit von 1,83:2,06 zu Buche stand. Besagtes 1:3 war sogar das bisher unwahrscheinlichste Tor des 31. Spieltages.

Die Eintracht hatte es den Paraden Kevin Trapps zu verdanken, dass Bayer nicht schon in der ersten Hälfte in Führung ging.

Gewissermaßen der Gipfel der Erkenntnis, dass es trotz dreier Gegentore in der zweiten Hälfte vor allem der erste Spielabschnitt war, mit dem sich die Eintracht-Akteure nicht zufrieden zeigten. „Wir haben zu viele leichte Fehler in unserem Spiel gehabt und nicht das gespielt, was wir eigentlich können“, brachte Hinteregger die erste Halbzeit auf den Punkt. Leverkusen hingegen zeigte eine seiner besten Rückrundenleistungen und hätte durchaus schon nach den ersten 45 Minuten in Führung gehen können. Hauptgrund, weshalb dies nicht der Fall war, war Eintracht-Schlussmann Kevin Trapp, der sich in seinem 200. Bundesligaspiel gleich mehrfach auszeichnen konnte und die Chancen der Hausherren mit starken Paraden zunichte machte.

Begründete Umstellungen

Die erste Vermutung Außenstehender, dass die insgesamt vier Wechsel in der Startelf zur unüblich gemächlichen Gangart in der ersten Hälfte beigetragen haben soll, verwies Cheftrainer Adi Hütter auf der Pressekonferenz ins Reich der Fabeln. Abgesehen davon, dass Stefan Ilsanker, Makoto Hasebe und Erik Durm außer gegen Augsburg zum festen Stamm der vergangenen Wochen und Monaten zählen, „haben wir nur zwei Stürmer und das dritte Spiel innerhalb einer Woche. Es ist auch nicht gut, wenn man nicht mehr nachlegen kann. Wir haben außerdem auch schon mit zwei Zehnern gute Spiele gezeigt. Wir wussten, dass Leverkusen spielstark ist, wollten im Zentrum mit zwei Zehnern dagegenhalten und legten daher einen Fokus auf das Anlaufen, das Aymen Barkok gut kann.“

Dort wo wir stehen, ist für mich ein Stück weit wie ein Märchen.

Präsident Peter Fischer

Ursächlich für die Niederlage waren neben dem wieder erstarkten Gegner vielmehr das Fehlen der Tugenden, die das Spiel der Eintracht über die gesamte Saison auszeichnen. So schlug die Zweikampfquote am Ende mit 57 zu 43 Prozent zugunsten der Gastgeber aus, ein Indiz, dass ein paar Prozentpunkte am Ende gefehlt haben. Dass die Mannschaft von Cheftrainer Hütter über eine gesunde Zweikampfhärte zum Erfolg kommt, verdeutlicht folgende Statistik: Bei allen fünf Bundesliganiederlagen in dieser Saison hatte die Eintracht eine negative Zweikampfquote. „Bis zur 60., 70. Minute war es ein klassisches Unentschieden. Dann hat man gemerkt, dass Leverkusen giftiger und galliger war. Das hat man in der Zweikampfführung definitiv gemerkt. Sie haben Mann gegen Mann gespielt, das sehr gut gemacht und verdient gewonnen“, sagte Präsident Peter Fischer im aktuellen sportstudio.

Spieler und Verantwortliche der SGE machten keinen Hehl daraus, dass sie über die Niederlage enttäuscht waren. Zu groß war die Chance, einen bedeutenden Schritt zum großen Ziel zu gehen. „Unsere Erwartungshaltung steigt enorm. Aber wir dürfen nicht vergessen, gegen wen wir spielen: Eine absolute Spitzenmannschaft, die Ambitionen auf die Champions League hat. Trotzdem sind wir immer noch sechs Punkte vor ihnen“, betonte Hütter im Anschluss an die Partie, dass die Niederlage nicht gleichbedeutend mit dem Begraben der gesteckten Ziele ist. Fischer legte am späten Abend nach: „Dort wo wir stehen, ist für mich ein Stück weit wie ein Märchen. Wir haben in Gladbach und Leverkusen gegen Teams verloren, gegen die man auswärts verlieren kann. Aber wir können es weiter aus eigener Kraft schaffen und müssen auf diesem Weg positiv nach vorne schauen und das Ding rocken.“

Positive Bilanz im „Monat der Wahrheit“

Cheftrainer Adi Hütter richtet nach der Niederlage den Blick schon wieder nach vorne und auf seine Aufgaben in den kommenden Trainingswochen.

Es in der eigenen Hand zu haben und nicht auf die Ergebnisse der Gegner angewiesen zu sein, verdankt die Eintracht vor allem dem Fakt, dass sie im „Monat der Wahrheit“ eben auch gegen die direkten Konkurrenten aus Dortmund und Wolfsburg jeweils drei Punkte eingefahren hat. „Wir hatten allein im April richtige Brocken und uns trotzdem gut aus der Affäre gezogen“, verwies Hütter auf die drei Siege, die den zwei Auswärtsniederlagen gegenüber stehen. „Wir sind jetzt einen Punkt vor Dortmund, machen uns deshalb aber sicherlich nicht vor Angst in die Hosen“, betonte Bobic auf das Restprogramm blickend, das zwei Heimspiele gegen Mainz und Freiburg sowie dazwischen die Auswärtspartie gegen Schalke beinhaltet.

André Silva möchte die Niederlage schnell abhaken und schaut optimistisch in die nahe Zukunft.

Auch Silva ließ sich von der Niederlage nicht entmutigen: „Dennoch haben wir es immer noch verdient, auf dem vierten Platz zu sein. Wir müssen weiter fokussiert bleiben bis zum Ende, dann erreichen wir unser großes Ziel.“ Durch das spielfreie Wochenende haben die Adler nun zwei Wochen Zeit, die Akkus nach der kräftezehrenden Englischen Woche wieder aufzuladen und auch die mentale Frische für den Saisonendspurt zu konservieren. „Wir sind international dabei und versuchen, etwas ganz, ganz Großes zu erreichen, das Frankfurt noch nie erreicht hat. Dazu benötigen wir auch eine gewisse Lockerheit, das ist meine Aufgabe“, gab Hütter schon einen Ausblick auf die kommenden Trainingswochen. Bobic gab zudem die Marschroute vor: „Wir haben drei Spiele vor der Brust, die wir alle gewinnen möchten. Wenn wir alle drei gewinnen, sind wir weiterhin mindestens einen Punkt vorne.“ So einfach kann Mathematik sein.