20.09.2020
Bundesliga

Kein Kinderspiel

Die Eintracht erlebt einen Bundesligaauftakt mit mildem Klima und harten Bandagen. Die schönen Geschichten spielen sich vor allem abseits des Sportlichen ab.

Am Nachmittag vor dem Weltkindertag am 20. September trat schnell ein, was Adi Hütter prognostiziert hatte. „Wir werden keine gemähte Wiese vorfinden“, hatte der Cheftrainer bereits am Freitag darauf verwiesen, dass das Duell mit Liganeuling Arminia Bielefeld kein Selbstläufer werden würde. Und erst recht kein Kinderspiel.

Keine Überraschungen...

...bot insofern auch der Blick auf den Spielberichtsbogen. Wenn sich überhaupt personelle Fragezeichen in Frankfurter Lager auftaten, dann überhaupt während der 90 ersten Bundesligaminuten 2020/21. In der Anfangsviertelstunde knallte es zunächst bei Sebastian Rode, der nach kurzer Behandlungszeit aber wieder auf den Beinen war. „Es ist nichts Schlimmes passiert, als ich gefoult wurde, kein Problem“, kannte der Mittelfeldmotor keine Schmerzen. Auch André Silva, im Luftduell vor dem 1:1-Endstand mit Anderson Lucoqui zusammengerasselt und zunächst liegegeblieben, hielt bis zum Schlusspfiff durch. Insofern erfreuten sich die Hausherren vor allem dem unverhofften Zuwachs von 6.500 Adlerträgern, die dank des entwickelten, genehmigten und umgesetzten Zuschauer- und Hygienekonzeptes das erste Herrenprofispiel im Deutsche Bank Park erleben durften. Weshalb Cheftrainer Hütter im Nachgang des ersten Eintracht-Matchs vor Publikum seit 200 Tagen von einem „guten Schritt in die richtige Richtung“ sprach. „Die Zuschauer haben uns das Gefühl gegeben, was es bedeutet, hier aufzulaufen. Es herrschte eine tolle Atmosphäre. Schade, dass wir die Zuschauer nicht mit einem Sieg belohnen konnten.“

Geschärfte Sinne

In Anbetracht eines zwar nicht rundum gelungenen Bundesligaauftakts, aber doch eines spielerischen Übergewichtes musste nicht nur Sebastian Rode konstatieren: „Schade, dass wir vor der Pause nicht zugestochen haben.“ Gestochen scharf hingegen das neue Prunkstück im Deutsche Bank Park: Europas modernster und gemeinsam mit LG entwickelter Videowürfel, 6.900 Kilogramm schwer und 276 Quadratmeter Bildschirmfläche und hochauflösender als 4K-Displays! Ob die Wiederholung von Silvas Ausgleich, Sequenzen von den wieder teilgefüllten Rängen oder die Moderation von Stadionsprecher Bartosz Niedzwiedzki – infrastrukturell muss sich der Traditionsverein vor der digitalisierten Zukunft nicht verstecken. Verstecken wollten sich auch die Arminia nicht, die mit der achten Rückkehr ins Oberhaus den Aufstiegsrekord des 1. FC Nürnberg eingestellt hatten. Gleichwohl bemängelte DSC-Chefcoach Uwe Neuhaus, „viele Konter nicht gut zu Ende gespielt“ zu „haben. Das ist vielleicht ein Unterschied zur zweiten Liga, was die Qualität der Gegenspieler angeht.“ Geschärfte Sinne werden auch in den ausstehenden 33 Runden vonnöten sein.

Zahl des Tages: 4137

Festzumachen nicht zuletzt an der Entstehung des 1:1, als Filip Kostic butterweich auf den kurzen Pfosten flankte und Bas Dost im wahrsten Wortsinn mit Köpfchen auf Silva verlängerte, der die Punkteteilung besiegelte. Das 0:1 von Cebio Soukou kurz nach dem Seitenwechsel war im Übrigen das erste Bielefelder Bundesligator nach 4137 Tagen – 2009 noch von Artur Wichniarek markiert. Schmankerl am Rande: Soukou löste mit seinem ersten Torschuss auch gleichzeitig Frankfurts Knipser Dost ab, der 2015 noch im Trikot des VfL Wolfsburg letztmals die Eintracht an einem ersten Spieltag bezwingen konnte.

(Mehr als eine) Randnotiz

Die schönste außersportliche Kunde verbreitete sich dagegen wenige Stunden vor dem Anstoß. Eintrachts Vorstandsmitglied Axel Hellmann überzeugte sich höchstpersönlich davon, dass das Hygienekonzept umgesetzt wurde. „Alles im grünen Bereich. Bei den Verpflegungsständen hatten wir etwas Sorge, aber hier sah es auch sehr gut aus“, bilanzierte Hellmann bei einem Rundgang über das Stadiongelände und gab zu: „Es war ein ganz schöner Stunt, aber es hat sich gelohnt.“

Es war ein ganz schöner Stunt, aber es hat sich gelohnt.

Axel Hellmann, Vorstandsmitglied Eintracht Frankfurt Fußball AG

Zwölf Mitarbeiter des Universitätsklinikums Frankfurt waren vor Ort, um als unabhängige Instanz die Umsetzung der Maßnahmen zu beobachten. „Wir besprechen im Nachgang die Erkenntnisse und ziehen daraus unsere Schlüsse“, sagte Hellmann. Alle fünf Eingänge und 92 Drehkreuze waren geöffnet, rund zwei Drittel der üblichen Zahl an Ordnern waren im Einsatz – und das bei nur rund zwölfprozentiger Auslastung. 50 mobile Verpflegungsstände sorgten für das leibliche Wohl. Sauber gelöst, lässt sich da wohl nur sagen.

Flutlicht am Freitag

Bevor dies in zwei Wochen beim zweiten Heimspiel gegen Hoffenheim wieder zum Thema wird, steht am Freitagabend, 20.30 Uhr, bei Hertha BSC das erste Flutlichtspiel an. Nach Auslaufen am Sonntag und Regeneration am Montag haben die Adlerträger von Dienstag bis Freitag je eine Vormittagseinheit, um sich auf das Duell in der Hauptstadt vorzubereiten. Einfacher wird's sicher nicht, die Hertha hat zum Auftakt 4:1 bei Werder Bremen gewonnen. Ein Kinderspiel steht kaum zu erwarten.