Situation: Wellental überwunden
Es ist keine einfache Saison für Borussia Mönchengladbach, die sich im vergangenen Jahr zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte für die UEFA Champions League qualifiziert und in der Liga für Furore gesorgt hatte. Nach einer durchwachsenen ersten Saisonhälfte waren die Fohlen mit Siegen in Bielefeld (1:0), gegen Bayern München (3:2), gegen Werder Bremen (1:0) und gegen Borussia Dortmund (4:2) sowie einem Remis in Stuttgart (2:2) erfolgreich ins neue Jahr gestartet. Auf den Erfolg gegen den BVB folgten ein 1:1 beim 1. FC Union Berlin, die Niederlage im Rheinduell gegen den 1. FC Köln (1:2) und ein 0:0 in Wolfsburg. Anschließend verlor die Elf vom Niederrhein vier Bundesligapartien in Folge, hinzu kamen das Ausscheiden im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Borussia Dortmund (0:1) und im Achtelfinale der UEFA Champions League gegen Manchester City (0:2, 0:2).
Borussia Mönchengladbach 2020/21 | |
---|---|
Kompakt | 10 Siege, 10 Unentschieden, 8 Niederlagen, 48:43 Tore, 40 Punkte, Tabellenplatz 8 |
Formkurve | N-N-S-S-U |
Torschützen | Stindl (12), Thuram (6) Hofmann (5), Neuhaus (5), Plea (4), Elvedi (3), Embolo (3), Lainer (2), Wolf (2), Bensebaini (1), Ginter (1), Lazaro (1), Wendt (1), Zakaria (1) |
Auf die Negativserie von sieben Pflichtspielniederlagen in Folge folgten jüngst drei ungeschlagene Begegnungen: Nach Siegen beim FC Schalke 04 (3:0) und gegen den SC Freiburg (2:1) holte Gladbach am vergangenen Samstag einen Punkt gegen Hertha BSC. Beim 2:2 in Berlin hatte VfL-Keeper Yann Sommer bereits in der 13. Minute die Rote Karte gesehen, trotz zwischenzeitlichen 0:1-Rückstands erkämpfte sich die Borussia einen Punkt. „Es war eine großartige kämpferische Leistung meiner Jungs. Sie haben sich in Unterzahl aufgeopfert, sind marschiert und haben defensiv wenig zugelassen“, zeigte sich auch Cheftrainer Marco Rose nach Abpfiff zufrieden.
Mit 40 Zählern rangieren die Gladbacher aktuell auf Platz acht und hegen die Hoffnung, sich noch für den Europacup qualifizieren zu können. Der Rückstand auf den Europa-League-Platz fünf beträgt sechs Punkte. Rang sechs, der die Qualifikation für die erstmals ausgetragene UEFA Conferenece League bedeuten würde, liegt derzeit vier Punkte entfernt. Sollte Leipzig oder Dortmund den DFB-Pokal gewinnen und zugleich unter den ersten Sechs landen – was zumindest bei Leipzig als sicher gilt – würde den Borussen auch Rang sieben für die Conference League reichen. Dort liegen derzeit die mit Gladbach punktgleichen Eisernen aus Berlin.
Trainer: Historisches geschaffen
Marco Rose übernahm den Cheftrainerposten in Mönchengladbach im Sommer 2019, nachdem sich Sportdirektor Max Eberl für seinen Verein frischen Wind und eine neue Spielweise erhofft hatte. Mit Erfolg: In seiner ersten Saison führte Rose den VfL in die Königsklasse und erreichte im zweiten Jahr erstmals in der Vereinsgeschichte das Achtelfinale. Der 44-Jährige zählt zur jungen Garde der Bundesligatrainer, die den Ansatz von offensiv ausgerichtetem Powerfußball verfolgen. Seine ersten Schritte als Trainer machte der Fußballlehrer in seiner Geburtsstadt Leipzig, dort führte er den Regionalligisten 1. FC Lokomotive 2012/13 zum Klassenerhalt, ehe es ihn nach Salzburg verschlug.
Beim FC leitete der Ex-Profi zunächst zwei Jahre die U16 an, ehe er die Verantwortung für die U18 übernahm, mit der er völlig überraschend die UEFA Youth League, die Champions League der A-Junioren, gewann. In der K.-o.-Phase schaltete das Rose-Team dabei hintereinander Paris Saint-Germain, Atlético Madrid und im Endspiel den FC Barcelona (2:1) aus.
Mit diesem Triumph empfahl sich der Coach im Verein für höhere Aufgaben und wurde im Sommer 2019 zum Cheftrainer des österreichischen Bundesligisten befördert. Zwei Meisterschaften und einen Pokalsieg später entschied sich der frühere Spieler von Mainz 05 für die nächste Herausforderung: Borussia Mönchengladbach. Der nächste Schritt steht bevor, im Sommer zieht es Rose zu Borussia Dortmund.
Taktiktafel: Starke Standards, defensive Durchlässigkeit
Coach Rose schickt seine Jungs vorzugsweise im 4-2-3-1-System auf den Platz, zeigt sich aber taktisch und personell immer wieder variabel. So auch am vergangenen Wochenende, als er in der Defensive auf eine Dreierkette setzte. Weil Innenverteidiger Nico Elvedi, mit einer Quote von 94,08 Prozent der passstärkste Akteur der Bundesliga, aufgrund von Wadenproblemen ausfiel, besetzten Ramy Bensebaini, Denis Zakaria und Matthias Ginter die Posten in der Abwehrreihe. Auf den beiden Außenpositionen kamen Oscar Wendt und Stefan Lainer zum Einsatz. Elvedi ist seit dieser Woche wieder im Mannschaftstraining. Möglich also, dass Rose wieder auf Viererkette umstellt. Folglich könnten neben dem Schweizer Innenverteidiger Ginter, Bensebaini und Lainer auflaufen.
Im Mittelfeld besetzten die Zentrale zuletzt Florian Neuhaus und Christoph Kramer. Letztgenannter sah gegen die Hertha die fünfte Gelbe Karte und muss am Samstag pausieren. Denis Zakaria wäre eine denkbare Alternative. Das Offensivtrio bildeten gegen die Haupstäster Alassane Plea, Marcus Thuram und Lars Stindl. Doch der Gladbacher Kapitän und Topscorer (zwölf Tore, sechs Vorlagen) fehlt der Borussia aufgrund einer muskulären Verletzung bis auf Weiteres. Bei einer Rückkehr zum 4-2-3-1 wäre Plea ein Kandidat als alleinige Spitze, Thuram würde sich in diesem Fall in der offensiven Dreierreihe einordnen. In den Startlöchern steht außerdem der wiedergenesene Jonas Hofmann. Zudem scharren Breel Embolo, Hannes Wolf, Valentino Lazaro und Patrick Herrmann mit den Hufen.
In der vergangenen Saison begeisterte die Fohlenelf vor allem mit ihrem attraktiven Offensivfußball und konsequentem Pressing, aktuell liegt die Stärke vorwiegend in Standardsituationen. 19 ihrer 48 Treffer erzielten die Gladbacher nach einem ruhenden Ball – Ligabestwert. Defensiv zeigt sich die Mannschaft von Marco Rose hingegen ungewohnt anfällig, mit 43 Gegentoren kassierte der VfL sechs Spieltage vor Schluss bereits drei Treffer mehr als in der gesamten vergangenen Saison. Besonders häufig klingelt es im Gladbacher Kasten in der Schlussviertelstunde, 13 Gegentore in den letzten 15 Minuten sind der dritthöchste Wert im Oberhaus. In der Anfangsviertelstunde kassierte die Borussia hingegen erst drei Gegentore – drittbester Wert.
Spieler im Fokus: Tobias Sippel
In Abwesenheit von Stammkeeper Yann Sommer, der rotgesperrt fehlen wird, wird Tobias Sippel am Samstag im Tor der Gladbacher stehen. Der 33-Jährige kam in dieser Saison in allen vier DFB-Pokalpartien zum Einsatz und stand im Hinrundenspiel gegen Hertha BSC erstmals 2020/21 auch in der Liga auf dem Platz. Damals fehlte Sommer aufgrund von Adduktorenproblemen. Am vergangenen Wochenende kam Sippel nach dem Platzverweis des Schweizers ausgerechnet wieder gegen die Berliner zu seinem zweiten Ligaeinsatz in der aktuellen Spielzeit. Der verlässliche zweite Mann genießt in Gladbach vollstes Vertrauen, im März wurde sein Vertrag bis 2023 verlängert.
Interessante Randnotiz: Sippel kennt Eintracht-Keeper Kevin Trapp sehr gut, beide wurden beim 1. FC Kaiserslautern ausgebildet und spielten dort zusammen. Seit 1998 war der 1,80 Meter große Schlussmann im Verein und kam in 221 Pflichtspielen für die Lauterer zum Einsatz, ehe er sich im Sommer 2015 der Borussia anschloss. Sippel ist sich seiner Rolle bei den Fohlen bewusst und steht „voll hinter Yann. So eine Torwartkonstellation wie bei uns gibt es selten, da fällt nie ein böses Wort. Ich sehe mich auch nicht nur als Nummer zwei, wir alle sehen uns wirklich als Team.“ Gegen die Eintracht möchte der 33-Jährige seine Chance nutzen und erneut beweisen, „dass ich zurecht bei Borussia spiele“, so Sippel im Interview mit der Bild. In seinen bisherigen neun Bundesligaspielen im VfL-Trikot kassierte der Keeper 13 Gegentreffer und wahrte drei Mal die weiße Weste.
Die Adlerträger
Eine Radio-Mini-Hörspiel-Serie von Henni Nachtsheim, der sich dem jeweils nächsten Gegner der Eintracht von der humoristischen Seite nähert. Die neue Folge: „Fohlenzwinger“ – unbedingt reinhören!