08.02.2020
Bundesliga

Nicht zurücklehnen, aber genießen

Nicht nur „Air Chandler“ setzt seinen Höhenflug fort. Sportvorstand Bobic spricht nach dem 5:0 gegen Augsburg von einem Statement. Allein am Flutlicht kann es nicht liegen.

Vor zwei Tagen, im Rahmen der obligatorischen Spieltagspressekonferenz, hatte sich die anwesende Journalistenrunde den Jux erlaubt, den nächsten Gegner FC Augsburg auf der Magnettafel auf Tabellenplatz zwei zu schieben. Die Botschaft dahinter leuchtete ein, wie Adi Hütter kurz darauf selbst aufzeigte: „Auffällig ist, dass wir in der vergangenen Saison gegen die Topteams kaum und gegen Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte fast voll gepunktet haben. Momentan gestaltet es sich eher andersrum“, nahm der Cheftrainer die mentale Hilfestellung mit Humor zur Kenntnis und fügte an: „Das wollen wir ändern.“ Mit der Leidenschaft aus den Leipzig-Duellen statt der Destruktivität aus Düsseldorf.

Die neue alte Gier

Oder wie am Dienstag noch der leidtragende Julian Nagelsmann anerkannt hatte: „Frankfurt war galliger.“ So wie Frankfurt-Schreck Martin Schmidt, der zuvor fünf von acht Vergleichen mit der SGE gewonnen hatte, seinen Mannen im zweiten Durchgang kollektives Versagen vorwarf, war Trainerkollege Hütter umso erfreuter, wie die Adler nach dem Seitenwechsel die Krallen ausfuhren. „In der ersten Halbzeit hat noch die Emotionalität gefehlt.“ Welche sich aber spätestens, als die Hessen auf die Nordwestkurve zustürmten, vom Publikum auf die Profis übertrug. Und bei manch einem scheinbar das Schmerzempfinden beeinträchtigte. So hatte sich Mijat Gacinovic noch in der Halbzeitpause trotz Magenproblemen gegen eine Auswechslung gewehrt, ehe das heutige Geburtstagskind Mitte des zweiten Durchgangs Platz für Sebastian Rode machte, der im DFB-Pokal seinerseits eine Gesichtsverletzung davon getragen hatte. Und in der Nachspielzeit mit einem energischen Ballgewinn den 5:0-Endstand einleitete. Während die für ihre Puppenkiste berühmten Augsburger wie Marionetten wirkten, denen jemand die Schnüre abgetrennt hatte, waren „wir nach dem 2:0 kombinations- und offensivfreudig“, bemerkte Coach Hütter den zehnten Frankfurter Kopfballtreffer, Topwert in dieser Bundesligasaison, als Schlüsselszene für den am Ende höchsten Sieg in dieser Spielzeit. Auf den Doppeltorschütze Chandler ebenso großen Einfluss hatte wie Filip Kostic mit vier direkten Torbeteiligungen. Das war zuvor weder dem umfunktionierten wie gelernten Außenstürmer gelungen.

Ilsanker gleich Fixpunkt

Vor der Pause wiederum stand weniger die Flügelzange als die Defensivzentrale im Mittelpunkt. „In der ersten Halbzeit können wir uns bei Kevin Trapp bedanken, dass wir im Spiel geblieben sind“, wusste Hütter im Nachgang den Spielverlauf ebenso einzuordnen wie Vorstandsmitglied Axel Hellmann: „Ohne unseren Torhüter wäre das Spiel anders gelaufen.“ Ordentlich und von allen Akteuren mit 11,72 Kilometern am meisten gelaufen ist auch Dominik Kohr, der im dritten Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Klub in Folge einen Treffer vorbereitete. Erst an der Seite und nach einer halben Stunde vor Stefan Ilsanker, weil der Winterzugang nach der verletzungsbedingten Auswechslung David Abrahams in die Innenverteidigung und Makoto Hasebe ins defensive Mittelfeld rückte. „Stefan Ilsanker hatte ein tolles Startelfdebüt. Er war maßgeblich daran beteiligt, dass wir zu null gespielt haben“, lobte Hütter seinen Landsmann, der mit 90 Ballkontakten und 62 angekommenen Pässen in dieser Hinsicht den dominantesten Part am Freitagabend, dem 17. ungeschlagenen seit 18 Spielen, einnahm.

Entspanntes Wochenende

Und damit seinen Teil dazu beitrug, dass beim planmäßigen Überholmanöver gegen die Fuggerstädter die einzigen Ausrutscher die auf dem durchnässten Rasen blieben. Weshalb Hütter in Anbetracht des besten Rückrundenstarts der einträchtigen Bundesligageschichte und den bevorstehenden Englischen Wochen zwei freie Tage gewährte, während denen sich die Frankfurter Fußballer nach dem gelungenen Eröffnungsspiel den 21. Spieltag in aller Ruhe ansehen können. „Die Punkte tun uns gut. Aber höhere Ziele zu formulieren, wäre aktuell vermessen. Wir müssen die Konzentration hochhalten“, weiß Rückhalt Trapp vorsichtig optimistisch. Gemäß der Devise: Nicht zurücklehnen, aber genießen.