16.01.2021
Historie

„Standing ist heute ein ganz anderes“

Zlatan Bajramovic spricht über das Duell seiner Ex-Klubs Frankfurt und Schalke, ein Praktikum bei Armin Veh und seine Trainerambitionen.

Zlatan, nach deinem Karriereende 2011 bei der Eintracht hast du fast nahtlos eine zweite Laufbahn als Trainer eingeschlagen. Oder täuscht der Eindruck?
Nein, das lässt sich schon so sagen. Es war für mich von Anfang an das Ziel, weiter beruflich im Fußball zu bleiben. Daher wollte ich so schnell wie möglich meine Trainerscheine machen. Den Fußballlehrer habe ich dann 2019 in Bosnien erfolgreich abgeschlossen. Parallel habe ich mich Schritt für Schritt mit dem Trainerhandwerk vertraut gemacht: Als Co- und Jugendtrainer beim FC St. Pauli und Hamburger SV sowie seit vier Jahren beim Karlsruher SC, unter anderem in der A-Jugend, zweiten Mannschaft, für ein Spiel als Interimscoach und seit vergangener Saison als Co-Trainer der Profis.

Welcher Trainer hat dich in dieser Hinsicht zu Spielerzeiten am meisten inspiriert?
Grundsätzlich kann ich aus jeder Zusammenarbeit etwas mitnehmen, im Positiven wie Negativen. Es ist normal, dass man sich bei manchen Trainern mehr abschaut und bei anderen denkt: So würde ich das nicht machen. Wenn ich jemanden nennen müsste, der mich am stärksten geprägt hat, wäre das mein früherer Jugendtrainer beim FC St. Pauli Joachim Philipkowski.

Noch heute in Kontakt: Alexander Meier, Zlatan Bajramovic und Benjamin Köhler (v. l.).

Einst einer der ersten Förderer von Alex Meier, deinem ehemaligen Kollegen aus Frankfurt. Bestehen noch Verbindungen zur Eintracht?
Absolut! Mit Alex habe ich erst vor ein paar Tagen wieder telefoniert, auch zu Benny Köhler ist der Kontakt nie abgerissen. 2015 durfte ich beispielsweise auch ein Praktikum bei Armin Veh absolvieren, das mir viel Spaß bereitet hat. Nicht zuletzt war ich mit der U19 des KSC auch ein paar Mal am Riederwald zu Gast, wo ich den Inhaber der DIVA [Vereinsgaststätte; Anm. d. Red.] persönlich kenne.

Welche Erinnerungen hast du an deine Zeit bei der Eintracht?
Auch wenn ich drei Jahre hier war, konnte ich verletzungsbedingt nicht so häufig spielen und mich daher leider nicht in der Form einbringen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Trotzdem bekommt man natürlich, auch wenn man nicht spielt, die überragende Stimmung der Zuschauer im Stadion mit. Das hat sich bis zuletzt nicht geändert. Ich war in der Vergangenheit viel unterwegs, um Eindrücke von Spielen und Spielern zu sammeln, darunter oft auch in Frankfurt.

Dann ist dir die Entwicklung des Vereins sicher nicht entgangen. Welchen Eindruck hast du von der Eintracht der vergangenen Jahre?
Einen ausnahmslos positiven. Momentan läuft wirklich alles auf höchstem Level ab. Die Verantwortlichen tätigen regelmäßig sehr gute Transfers und wiederum auch gewinnbringende Verkäufe, um finanzielle Mittel zu schaffen. Das hat alles Hand und Fuß. Die Eintracht hat sich zu einem richtig guten Erstligisten entwickelt, der immer an die Europa League-Plätze andocken kann. Selbst wenn mal ein Mittelfeldplatz herausspringt, spricht das immer noch für die neue Beständigkeit, was zu meiner Zeit noch anders war, als wir uns immer auch mit dem Kampf um den Klassenerhalt auseinandersetzen mussten. Das Standing ist heute ein ganz anderes.

Und auf Schalke?
Aus der damaligen Zeit kenne ich noch weniger, weil die handelnden Personen, generell im Fußball, aber gerade in Gelsenkirchen, häufig wechseln. Auch wenn keine Verbindungen mehr bestehen, habe ich den Eindruck, dass sie mit dem 4:0 gegen Hoffenheim die Wende herbeiführen konnten. Das Selbstbewusstsein wird steigen. Ohne diesen Sieg wäre der Druck noch größer geworden, diese Sorge ist die Mannschaft nun los.

Was erwartest du am Sonntag für ein Spiel?
Wenn die Eintracht spielt, ist immer was los. Die Mannschaft hat fußballerisch was drauf und ist immer für Tore gut. Davon gehe ich auch am Sonntag aus. Frankfurt ist für mich leichter Favorit, weil sie derzeit gefestigter auftreten und bessere Abläufe haben. Ich drücke dem Klub die Daumen.