Experten unter sich
Losgelöst von den gerade in der Bundesliga ungleichen Kräfteverhältnissen standen sich Mittwochabend zwei Kenner ihres Fachs gegenüber. Während der FC Bayern neben 19 DFB-Pokalsiegen überhaupt im elften Jahr in Folge im Halbfinale stand, fand sich Eintracht Frankfurt, mit fünf Cupgewinnen an dritter Stelle, immerhin zum dritten Mal innerhalb der vergangenen vier Spielzeiten in der Vorschlussrunde wieder.
Chandler für Kostic, Sonderrolle für Kohr
Während die Hausherren im Vergleich zum 5:2 am 27. Spieltag, nebenbei ebenso geleitet von Marco Fritz, unverändert antraten, musste Adi Hütter in seinem 100. Pflichtspiel seit Amtsantritt den rotgesperrten Topscorer Filip Kostic sowie Gelson Fernandes ersetzen. Statt dem Schweizer kam Dominik Kohr zu seinem vierten Startelfeinsatz in Folge, der je nach Bedarf das zentrale oder rechte Mittelfeld beackerte. Den Serben vertrat Timothy Chandler auf der linken Außenbahn. Nach der Heimniederlage gegen Mainz rotierten Makoto Hasebe, Daichi Kamada und Bas Dost auf die Bank, dafür kehrten Evan Ndicka in die linke und Kapitän David Abraham die rechte Innenverteidigung zurück. Die Umstellung spülte Stefan Ilsanker ins defensive Mittelfeld. Mijat Gacinovic begann diesmal nicht neben, sondern anstelle von Kamada hinter der einzigen Spitze André Silva.
Schmeichelhafter Pausenrückstand
Eines wurde in der Allianz Arena schnell deutlich: Unterschätzen würden die Bayern den Außenseiter aus Hessen nicht. Die Hausherren drückten vom Anstoß weg aufs Gaspedal und hätten zur Halbzeitpause durchaus höher als 1:0 führen können. Bevor Ivan Perisic nach einem Ballgewinn und Chipball von Thomas Müller unbedrängt zur Münchner Führung einköpfte (14.), hatte Kohr nach einer Ecke einen Kopfball von Müller auf der Linie klären können (6.) und Robert Lewandowski einen Müller-Querpass alleinstehend zwei Meter vor dem leeren Kasten um Zentimeter verpasst (8.). Erst nachdem Kingsley Coman fast ebenso auf sich gestellt am langen Pfosten am schon geschlagenen Kevin Trapp, aber auch am Kasten vorbeizielte (25.), konnten die Gäste ihrerseits erste fußballerische Zeichen setzen. Allein, mögliche Gegenstöße versandeten aufgrund eigener Ungenauigkeit oder rechtzeitigen Rückzugsverhaltens des Rekordpokalsiegers. Nachdem Trapp nochmals gegen Lewandowski zur Stelle war (31.), behielten die Adler ihre Gegenspieler zwar weitgehend im Auge, ohne die durchgängige Dominanz des FCB allerdings gefährden zu können.
Wechsel mit Folgen
Nachdem Frankfurt in den ersten 45 Minuten drei Aktionen im gegnerischen Strafraum verzeichnet hatte, vermittelten sie mit Wiederanpfiff eine wesentlich größere Präsenz jenseits der Mittellinie. Die Roten sahen sich einem ungleich höheren und aggressiveren Anlaufverhalten ausgesetzt und kamen außer einem von Trapp entschärften Abschluss von Joshua Kimmich (58.) zu keiner nennenswerten Möglichkeit. Die sich verschiebenden Kräfteverhältnisse zwangen beide Trainer nach einer Stunde zu einem Doppelwechsel. Während Hansi Flick seine Flügelzange durch nominell defensivere Akteure austauschte, schickte Adi Hütter Kamada und Danny da Costa ins Rennen. Eine Entscheidung mit unmittelbaren Folgen, weil der Japaner drei Minuten nach seiner Einwechslung im Zusammenspiel mit Chandler zwei Gegenspieler stehen ließ und anschließend unter Mithilfe der Hintermannschaft für den heranrauschenden da Costa servierte, der die Kugel humorlos in die Maschen knallte (69.). Im Gegenzug scheiterte Müller am erneut aufmerksamen Trapp (73.). Doch nur wenige Augenblicke später schlug der Gastgeber endgültig zurück, als Alphonso Davies über den rechten Halbraum entwischt war und über Kimmich Lewandowski mustergültig zum 2:1 auflegte (73.). Die vermeintliche Abseitsstellung des Vorlagengebers revidierte Videoassistant Referee Bibiana Steinhaus nachträglich (74.). Dennoch: Die Adlerträger fuhren die Krallen aus, ließen nichts unversucht, während beim Branchenprimus längst nicht mehr jede Aktion mit größter Selbstverständlichkeit gelang.
Ins Wanken gebracht
Auch wenn die Eintracht vom Glück sagen konnte, nach der ersten Halbzeit überhaupt noch in Schlagdistanz gelegen zu haben, gebührt dem couragierten Auftritt nach dem Seitenwechsel nicht weniger Respekt wie der kurzfristig auf die Beine gestellten Aktion #blacklivesmatter. Auch wenn in der K.-o.-Phase die Höhe einer Niederlage unerheblich ist – Frankfurt machte es dem seit nun 21 Spielen ungeschlagenen Kontrahenten so schwer wie wenige Mannschaft zuvor. Berlin ist nun für ein Jahr aufgeschoben, der Fokus gilt nun voll und ganz auf dem Ligaendspurt. Ein Auftreten wie in der zweiten Halbzeit vorausgesetzt muss der Klassenerhalt lieber früher als später in trockenen Tüchern sein. Angefangen ausgerechnet am Samstag in der Hauptstadt – bei Hertha BSC.