18.03.2020
Interview

„Das Bewusstsein ist ein anderes“

Eingeschränkt im Alltag, frei von Verletzungen: Erik Durm weiß die gesellschaftlichen wie sportlichen Entwicklungen einzuordnen.

Erik, du lagst beim gestrigen Laktattest mit 22 Kilometer pro Stunde Maximalgeschwindigkeit vorne. Wie lief’s ansonsten?
Die endgültigen Werte liegen mir noch nicht vor und ermitteln sich nicht allein aus der Laufdistanz. Deshalb muss ich noch abwarten, was am Ende dabei herauskam. Aber insgesamt war ich zufrieden.Welche konkreten Hausaufgaben hast du mitbekommen?
Wir erhalten täglich neue Pläne. Heute stand ein Lauf mit vorhergehender Mobilisation und Stabilisation auf dem Programm. Die Übungen, insbesondere für die Rumpfmuskulatur, sind vergleichbar mit dem Warm-up in der Mixed Zone, bevor wir den Trainingsplatz betreten – nur eben alleine. Dadurch vermeiden wir die Gruppenbildung, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Wie können wir uns die Trainingsbedingungen in deinem privaten Umfeld vorstellen?
Ich trainiere so oft wie möglich draußen und drehe meine Runde beispielsweise am Sportplatz. Dabei geht es nicht zwangsläufig um eine bestimmte Strecke. Vielmehr richten wir uns nach einer Zeit- oder Tempovorgabe, woraufhin wir die Pulswerte ermitteln. Manchmal gehe ich auch in den Wald, das ist abhängig vom Untergrund. Die Hauptsache ist, an der frischen Luft zu sein. Das macht am meisten Spaß.Inwiefern hat die aktuelle Lage Einfluss auf das Alltagsleben im Hause Durm?
Es ist sicher alles ein Stück weit eingeschränkter. Damit meine ich nicht mal, auf größere Veranstaltungen verzichten zu müssen, sondern die kleinen Dinge, die einem fehlen, wie beispielsweise spontan einen Kaffee holen zu gehen. Einkäufe finden viel gezielter statt, wir machen uns davor eine genaue Liste, desinfizieren die Hände vorher und nachher, halten Abstand zu unseren Mitmenschen. Natürlich isolieren wir uns nicht komplett von Familienangehörigen wie meinen Eltern, solange niemand zur Risikogruppe zählt. Aber das Bewusstsein ist ein anderes.Wie hast du die vergangene, sicher ungewöhnliche Woche erlebt?
Wir waren schon ein bisschen in der Schwebe, haben uns aber trotzdem gut vorbereitet. Das gehört zu unserem Job einfach dazu. Dass es auch mal äußere Umstände gibt, die die Ausübung unserer Leidenschaft verhindern, ist zwar schade. Aber in solchen Fällen müssen wir klar sehen, dass der Fußball in diesem Fall nebensächlich ist. Wir haben Verantwortung für unsere Familie und Freunde und auch alle anderen Menschen, die wir nicht kennen. Vor allem, weil diese Situation neuartig ist und keiner mit Gewissheit sagen wird, wie sich die Situation entwickeln wird.Besteht weiter Kontakt zu Trainern und Mitspielern?
Auf jeden Fall, allein weil sich innerhalb der Mannschaft Freundschaften gebildet haben. Wenn wir am Stadion sind, sieht man immer den einen oder anderen auf dem Gelände, wenn auch nur aus der Entfernung. Die Begrüßungen fallen zwangsläufig weniger herzlich aus (lacht). Grundsätzlich sind wir mit allen im Austausch, vor allem mit den Athletiktrainern wegen unserer Trainingspläne. Auch die Physiotherapeuten stehen uns weiterhin zur Verfügung. In nächster Zeit gilt es einfach, uns bestmöglich fitzuhalten. Das klappt bislang gut.Wie bewertest du deine erste Spielzeit im Eintracht-Trikot?
Die sportliche Situation ist nicht einfach einzuordnen. In der Bundesliga haben wir gut angefangen, mit dem 5:1 gegen die Bayern als Krönung. Danach kam gefühlt aus dem Nichts die Niederlagenserie, die irgendwann eine Eigendynamik entwickelt hat, die nicht mehr aufzuhalten war. Insgesamt kamen am Ende des Jahres viele Dinge zusammen, als uns die letzten Körner gefehlt haben. 31 Spiele gehen nicht spurlos an einem vorbei. Anschließend haben wir im Trainingslager in Florida sehr gut gearbeitet. Das hat sich schnell bezahlt gemacht. Wir haben Hoffenheim besiegt, Leipzig zwei Mal geschlagen, stehen im Halbfinale des DFB-Pokals und Achtelfinale der Europa League, in der wir nach dem Hinspiel 0:3 zurückliegen. Aber dahingehend müssen wir sowieso erstmal schauen, wie es weitergeht. In der Bundesliga haben wir uns wiederum eine andere Platzierung vorgestellt, was auch durchaus möglich gewesen wäre, wenn wir uns auswärts nicht so schwertun würden.Und persönlich?
Für mich bleibt das Wichtigste, gesund zu sein. Das gelingt mir seit längerer Zeit, erst in Huddersfield und jetzt in Frankfurt. Ich habe keine Verletzungsprobleme, kann jedes Training mitmachen und versuche, da zu sein, wenn mich der Trainer braucht. Natürlich hätte ich mir zuletzt mehr Einsatzzeiten erhofft, doch solche Phasen gibt es. Nichtsdestotrotz versuche ich, das Team so gut wie möglich von draußen zu unterstützen. Der Erfolg des Vereins steht immer im Vordergrund. Wenn die Saison wie geplant irgendwann weiterläuft, brauchen wir noch wichtige Punkte, wofür jeder nochmal ein bis zwei Monate alles raushauen muss.Es ist sicher kein Zufall, dass du plötzlich völlig verletzungsfrei bist?
Bereits zu meiner Zeit in Dortmund habe ich begonnen, mit einem individuellen Athletiktrainer zu arbeiten. Dann habe ich nacheinander leider vier Verletzungen erlitten, für die ein Spieler wenig kann: Zwei Mal am Knie, an der Hüfte und am Sprunggelenk. Das waren auf den ersten Blick eher Kleinigkeiten, die dem Körper aber nicht erlaubt haben, zu trainieren, was eine längere Rehaphase nach sich zog. Seitdem diese überstanden ist, fühle ich mich gut, auch im Kopf. Ich fühle mich gut eingestellt und bei der medizinischen Abteilung der Eintracht in guten Händen.