26.11.2021
Europapokal

Die Chemie stimmt

Die Last-Minute-Eintracht hat wieder zugeschlagen. Auch wenn Frankfurt gegen Antwerpen das ausgerufene Ziel erstmal verpasst, ist die erlangte Konstanz nicht von der Hand zu weisen.

Einordnung: Wert noch ungewiss

Es schien fast, als seien sie auf den Geschmack gekommen. Nach drei Siegen in Serie gingen die Fußballer von Eintracht Frankfurt auch gegen Royal Antwerp FC durchweg auf drei Punkte – obwohl es diese lange nicht benötigt hätte, um sich direkt fürs Achtelfinale der UEFA Europa League zu qualifizieren, weil es im Parallelspiel zwischen Piräus und Istanbul lange 0:0 gestanden hatte. Weshalb auch Sebastian Rode in Bezug auf die Entstehung des 1:2 bemängelte: „Wir dürfen nicht im heimischen Stadion in der 88. Minute einen Konter bekommen, zumal im Wissen, dass es in Piräus unentschieden steht.“

Ein Konter zum 1:2, der in aller Augen vermeidbar war.

Weil unmittelbar darauf Olympiacos zum 1:0-Sieg traf, war diese Theorie ohnehin wieder hinfällig und Frankfurt drängte mehr denn je auf einen bis drei Zähler. Mit einem Teilerfolg. Wieder einmal, nachdem Goncalo Paciencia in der vierten Minute der Nachspielzeit einen nach Einschätzung Oliver Glasners „sehr schwierigen Kopfball“ in die Maschen setzte. Der Cheftrainer bemerkte entsprechend, wenn auch zwiegespalten ob der Bewertung des Remis: „Das kann noch ein ganz wichtiger Punkt werden.“

Mal losgelöst vom Resultat gewannen die Beteiligten dem Auftritt gegen die Belgier dennoch Gutes ab, gerade bezogen auf die erste Halbzeit. Schließlich hatten die Hessen die Gäste mit Ausnahme der Gegentreffer, die alle einstimmig als vermeidbar ansahen, weitgehend im Griff. 56 Prozent Ballbesitz, 83 Prozent Passquote, 17:7 Abschlüsse sprechen für sich.

Die zunehmende Ausgewogenheit spiegelte sich nicht zuletzt auch mit Blick auf die eigenen Treffer wider. Beide Vorlagen lieferten die Flügelläufer Timothy Chandler und Filip Kostic, beide vorletzten Pässe kamen von den Halbverteidigern Tuta und Evan Ndicka. „Chandler schoss eine Sahneflanke und hat einige Situationen fußballerisch gut gelöst“, sah sich Glasner in seiner im Vergleich zum 2:0-Erfolg in Freiburg auch auf dieser Position bestätigt.

Geschichte des Spiels: Großer Empfang für Benjamin List

Chemienobelpreisträger Benjamin List nimmt von Vorstandssprecher Axel Hellmann ein Eintracht-Trikot entgegen.

Zweifelsfrei stimmte die Chemie auf anderer Ebene. Im Vorfeld der Partie lud Vorstandssprecher Axel Hellmann den frischgebackenen Chemienobelpreisträger Benjamin List in den Deutsche Bank Park ein und überreichte ihm auf großer Bühne ein eingerahmtes Eintracht-Trikot. Der gebürtige Frankfurter ist seit jeher Eintracht-Fan und hat mit einem schottischen Partner Methoden zur Beschleunigung chemischer Reaktionen entwickelt.

Comeback des Spiels: Goncalo Paciencia

Wie im Hinspiel in der Nachspielzeit zur Stelle: Goncalo Paciencia.

Wenig Anlaufzeit hat auch Paciencia benötigt. Der seit gut einem Monat verletzungsbedingt außen vor gewesene Portugiese betrat in der 90. Minute den Rasen und spielte wie bereits im Hinspiel mit einer Bude zum Endstand das Zünglein an der Waage. „Ich habe mich gut gefühlt, besser als vor der Verletzung. Mein Ziel ist immer, der Mannschaft zu helfen. Das konnte ich heute zum Glück wieder tun“, übte sich der Angreifer in Demut – und gemäß seiner Namensbedeutung in Geduld. Dass auf eben diese im Herzen von Europa ohnehin Neuzugänge zählen dürfen, beweist das Beispiel Jesper Lindström, einer von Elf, auf die Glasner zum zweiten Mal in Folge vertraute. „Jesper war sehr dynamisch, manchmal könnte er sich eher den Schuss nehmen“, sieht Glasner beim Dänen eine Entwicklung und diese zugleich nicht am Ende.

Das schreiben die Medien

Passend dazu titelte etwa die BILD nach einer Aussage von Royal-Coach Brian Priske: „Antwerpen-Trainer schwärmt von Lindström“. Bezogen auf die 90 Minuten ordnete die FAZ ein, das Match sei „Hitzig bis zum Schluss“ gewesen und die Frankfurter Rundschau erkannte: „Eintracht vergibt den ersten Matchball“. Wiederum die BILD meinte: „Jetzt zittert Frankfurt noch mal um Platz 1“.

Ausblick: Heimsieg im Sinn

Doch nicht, wenn es nach den Mannen um Oliver Glasner geht, der betonte: „Wir haben in Griechenland und in Belgien gewonnen, deshalb habe ich keine Angst vor der Reise nach Istanbul. Wir werden nicht auf Remis spielen und möchten dort gewinnen.“ Auch am Sonntag, wenn die Frankfurter Jungs gegen den 1. FC Union den ersten Ligaheimsieg dieser Saison anpeilen. Denn die nationalen Pflichten möchten ebenso wenig vernachlässigt bleiben. So blickt Kevin Trapp bereits voraus: „Es kann ein Geduldsspiel werden, weil Union taktisch sehr diszipliniert ist und viel läuft. Wir spielen zu Hause und wollen gewinnen.“ Ganz dem zurückerlangten Selbstverständnis entsprechend.