05.04.2020
Interview

„Komplex, aber wir ziehen das durch“

Endlich wieder unter Kollegen. Aber auch nicht so richtig. Erik Durm erläutert die Hintergründe und erklärt, weshalb er aktuell am wenigsten an sich denken mag.

Erik Durm über...

...die neue Trainingsform: Wir sind seit Freitag in Zweiergruppen unterwegs, ich mit Sebastian Rode. Generell machen wir uns normal warm, natürlich immer mit Sicherheitsabstand zur anderen Person. Danach arbeiten wir meistens mit dem Ball: Passen, Flanken, Torschüsse. Auch Parcours gehören dazu, um wieder die kleinen, schnellen Bewegungen reinzubekommen. Das ließ sich zuhause auf dem Fahrrad nicht simulieren, weshalb es wichtig ist, dass sich die Muskulatur wieder daran gewöhnt. Die Dauer kann sich unterscheiden: Mal 45 Minuten Fußballtennis, mal 1.15 oder 1.30 Stunden intensive Übungen mit Läufen danach. Alles findet auf vier Plätzen und in gestaffelten zeitlichen Abständen unter der Anleitung von Chef-, Co- oder Athletiktrainer statt. Die Handhabe ist für uns alle Neuland und sehr komplex für ein Team, das es gewohnt ist, für gewöhnlich zusammen zu trainieren. Aber wir müssen die Herausforderung annehmen, weil wir auch eine Verantwortung unseren Mitmenschen gegenüber haben. Deshalb ziehen wir das solange durch, bis wieder Normalität einkehrt....zu befürchtende Anlaufschwierigkeiten: Alle haben ja auch während der Quarantäne zuhause extrem viel gemacht – also nicht erst am Freitag wieder angefangen. Ich weiß nicht, wie oft ich vor Anstrengung fast vom Rad gekippt bin (lacht). Grundsätzlich versuchen wir, alle Inhalte in eine Einheit zu packen, um uns dennoch so wenig wie möglich über den Weg zu laufen – bitte nicht falsch verstehen! – und trotzdem die Belastung hochzuhalten. Deshalb gibt es auch Tage, an denen eine Einheit morgens am Stadion und eine nachmittags zuhause stattfindet....Besonderheiten des Alltags: Zunächst befinden wir uns nicht mehr zusammen in einer Kabine, jeder hat seinen eigenen Bereich. Während beispielsweise ich in meiner Zweiergruppe trainiere, folgt nach uns Dominik Kohr und zieht sich um. Wir sehen uns also nicht. Darüber hinaus waschen wir natürlich öfter unsere Hände als sonst. Jeder hat gemäß den WHO-Richtlinien Desinfektionsmittel und Mundschutz erhalten. Wir versuchen alles, um uns gegenseitig zu schützen und sehen uns wenn überhaupt aus der Ferne, was im Teamsport eher untypisch ist, wenn man sich zuwinkt und manche gar nicht sieht. Aber anders geht es nun mal nicht und das ist auch gut so. Nicht zuletzt aus Rücksicht unseren Familien und Mitmenschen gegenüber ist es das, worauf wir achten müssen und hoffen natürlich, dass sich das auch irgendwann wieder ändern wird....sein Gefühl von Sicherheit: Persönlich kann ich das gar nicht genau sagen, mit Blick auf andere Menschen schon. Ich glaube aufgrund unserer Tests, dass ich gesund bin, ich fühle mich auch gut. Man muss aber immer davon ausgehen, dass man sich irgendwo unbewusst angesteckt hat, auch wenn keine Symptome auftreten. Ich bin mir der Verantwortung bewusst, meine Mitmenschen zu schützen. Deshalb gehe ich jetzt zum Beispiel auch immer mit Handschuhen und Mundschutz zum Einkaufen – nicht nur um mich, sondern vor allem auch um andere zu schützen. Wenn sich alle dementsprechend verhalten, haben wir schon etwas erreicht....eine mögliche Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Mai: Wir wären definitiv bereit, weil jeder Einzelne in den vergangenen zwei Wochen sehr viel gearbeitet und deshalb wenig an Ausdauer und Fitness eingebüßt hat. Mental gilt das genauso: Wir möchten die Saison unbedingt zu Ende spielen – immer unter der Voraussetzung, dass dies ohne die Gesundheit zu gefährden und unter Berücksichtigung der Regelung der Bundesregierung geschieht....die Kraft von über 90.000 Mitgliedern: Ich bin mir sicher, dass die Leute den Fußball vermissen, das geht mir persönlich ja nicht anders. Wir wissen alle, wie im positiven Sinne verrückt unsere Fans sind. Für sie kann es sicher ein Anker sein, wenn wir spielen....die Existenzfragen der Vereine: In erster Linie freut es mich, wenn es der Eintracht Familie gutgeht und auch, dass wir als Verein ganz gut dastehen. Dass der Verein jetzt einen Sponsorendeal abgeschlossen hat, ist sehr erfreulich und wichtig. Aber auch wir Fußballer denken dabei nicht an das eigene Wohl, es geht nämlich um andere Personen. In dieser Hinsicht ist es ein Stück weit beängstigend zu lesen, wie viele Vereine der ersten und zweiten Liga Existenzsorgen haben. Seit ich denken kann, wollte ich Profi werden. Das ist sicher im Hinterkopf, aber nicht unbedingt wegen einem persönlich, sondern weil ich weiß, wie viel hinter solch einem Verein steckt. Es bekommen die wenigsten mit, wie die Leute im Hintergrund ackern und uns den Rücken freihalten – ob Fans, Mitarbeiter oder Minijobber. An die gilt es zu denken.