13.03.2020 / UEFA Europa League
Entgeistert
Erst Ende vergangener Woche war die Commerzbank-Arena in den Genuss eines nigelnagelneuen Rasens gekommen. Der Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals war tags zuvor gemeistert, das Los, beim FC Bayern antreten zu dürfen, so reizvoll wie herausfordernd. Und auch wenn die dritte Liganiederlage in Folge am Samstag bei Bayer 04 Leverkusen aufs Gemüt schlug, so erschien die bevorstehende Mixtur aus Europapokal, Heimspiel und K.-o.-Modus als verlockender Silberstreif am hessischen Horizont.Parallel nahmen die Begleiterscheinungen der COVID-19-Thematik insbesondere im Laufe des Vortages des Hinspiels gegen den FC Basel Zickzackmuster an, die den sportlichen Ausschlägen in dieser Saison wenig nachstanden. Am vorläufigen Ende der Entwicklung stand jedenfalls die Einsicht, dass im Zweifel gesundheitliche Prävention vor Passqualität stehen muss.Verzerrte OptikLetzteres war nebenbei am Donnerstagabend angesichts 82,5 Prozent angekommener Zuspiele auch gar nicht zu bemängeln. Allein, es half ebenso wenig wie zeitweise über zwei Drittel Ballbesitz. Oder wie Kevin Trapp den Nagel auf den Kopf traf: „Wir waren optisch überlegen, haben bei den Gegentoren aber nicht gut verteidigt.“ Sebastian Rode ergänzte: „Es hat ein Doppelpass gereicht, um uns auszuhebeln.“So war es nicht das erste Mal, dass die Herren im wie leergefegten Haus einer verhaltenen ersten eine energische zweite Halbzeit folgen ließen. Abzulesen an zwei Torschüssen vor und gleich zwölf nach der Pause. Allerdings vermochten es die Gäste wie die Eintracht, nach dem Seitenwechsel genau vier Abschlüsse auf das Tor zu bringen. Erschwerend kam hinzu, dass schon seit längerer Zeit die immense Standardstärke der Hinrunde verloren scheint. Wie wegweisend diese Disziplin sein kann, bewiesen die Bebbi bei ihrem Führungstreffer, als Samuele Campo nach knapp einer halben Stunde einen direkten Freistoß fachmännisch in den Winkel schraubte. Zu diesem Zeitpunkt war das Frankfurter Dreigestirn Kamada-Silva-Kostic noch ohne Torschussbeteiligung.Wie die Luft zum AtmenDoch wie es gemeinhin – einmal Futter fürs Phrasenschwein gefällig – für Treffer, Schüsse und auch Fehler benötigt, wurde während des entgeisterten Europapokalabends ersichtlich, dass die Eintracht ihre Anhänger braucht wie andere die Luft zum Atmen. Gewissermaßen ließe sich nach den neuen Aufschlüssen feststellen, dass Frankfurt keinem Auswärtsfluch unterliegt, sondern eher mit einem Nicht-Heim-Komplex zu kämpfen hat. Zumal sich die Kampfeskraft sichtbar erst im Laufe der 90 Minuten von anfangs kaum 36 Prozent gewonnener auf letztendlich wenigstens 47 Prozent entschiedener Zweikämpfe gesteigert hat. Von wo für gewöhnlich „Europacup in diesem Jahr“ ertönt, war in der Nordwestkurve ein großes Banner mit der Botschaft platziert: „Was auch immer passiert – Eintracht Frankfurt heißt Kämpfen und Siegen“. Was natürlich nicht im Ansatz zu vergleichen ist, wie auch Adi Hütter nach einem turbulenten Tag, in dem das einzige entfachte Feuer das der Olympischen Fackel bleiben sollte, bedauerte: „Die Fans sind immer unser zwölfter Mann und haben uns natürlich sehr gefehlt.“ Andererseits kritisierte der der Chefcoach auch: „Wir waren nicht zu 100 Prozent professionell und dürfen keine Ausreden suchen.“Elf gegen elfSelbst Gästetrainer Marcel Koller, der noch am Mittwoch zuvor geunkt hatte, „vielleicht sind die Trainer dann mehr zu hören“, musste nach der stillen Nacht auf Freitag, den 13., feststellen: „Normalerweise ist es hier immer voll und laut. Schade, dass das nicht der Fall war.“Dabei bleiben die Adlerträger gut beraten, zwischen Achtelfinale, COVID-19 und dem Traum von Berlin ihr Brot-und-Butter-Geschäft nicht aus den Augen zu verlieren, wie Kevin Trapp den Blick auf das Bundesligaheimspiel gegen Borussia Mönchengladbach lenkt: „Am Sonntag ist es sehr wichtig, dass wir alles dafür geben, gegen eine Topmannschaft zu gewinnen.“ Auch wenn es dann erneut elf gegen elf heißen wird. Bleiben Sie sportlich.