22.10.2021
Europapokal

Ruhe nach dem Sturm

Die Eintracht weiß nicht nur durch das Ergebnis, sondern auch die Leistung gegen Piräus viele Kritikpunkte vorerst zu entkräften. Das 3:1 gegen Olympiacos genauer reflektiert.

Einordnung: Inhalt stimmt, der Rahmen auch

Zunächst die harten Fakten. Das 3:1 der Eintracht gegen Olympiacos FC war nach all den engen Kisten der vergangenen Wochen tatsächlich der höchste Saisonsieg und auch der mit den meisten eigenen Treffern. Zugleich musste sich der Abonnementchampion aus Griechenland erstmals überhaupt in dieser Saison nach 90 Minuten geschlagen geben. Die einzige Niederlage im engeren Sinne datierte vom 10. August, als in der Qualifikation für die UEFA Champions League nach zweimal 1:1 gegen Ludogorets nach Elfmeterschießen Schluss war. Nicht zuletzt verdrängten die Adlerträger die Hafenstädter nach drei Gruppenspielen mit sieben Punkten von Platz eins. Soweit, so sachlich.

Ein Ergebnis als Antwort auf so manche offene Frage.

Dass die Stimmung im Deutsche Bank Park nur fünf Tage nach dem 1:2 gegen Hertha BSC von Ernüchterung in Euphorie umschlug, gehört wohl zur Schnelllebigkeit des Profisports. „So schnell geht es“, meinte auch Kevin Trapp hinterher. In jedem Fall bleibt nicht nur Oliver Glasner dieser Donnerstagabend noch länger in Erinnerung, wie er im Nachgang bekräftigte. Und das nicht allein, weil es nach dem Innenraumverbot gegen Istanbul sein erstes internationales Heimspiel als Eintracht-Chefcoach an der Seitenlinie war: „Die Atmosphäre habe ich genossen. Im Spiel nicht so, weil man konzentriert ist, aber nach dem Spiel die Ehrenrunde. Das sind die Spiele, bei denen wir als kleine Jungs vor dem Fernseher saßen und wünschten, dabei zu sein.“

Beobachtung des Spiels: Geschwindigkeit gewinnt

Dass dieser Rahmen im ausverkauften hessischen Hause überhaupt glänzte, hing freilich auch mit dem Inhalt, sprich sportlichen Geschehen, zusammen. Ohne zunächst allzu sehr ins Detail zu gehen, sei an dieser Stelle nochmal Glasner zitiert. „Die Spieler haben all das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben“, resümierte der Fußballlehrer, der nach der Niederlage gegen Berlin noch genau gegenteilig konstatiert hatte, „uns etwas anderes vorgenommen“ zu haben.

Dass der Österreicher so manches, aber nicht alles hinterfragen wollte, spiegelte sich unter anderem auf dem Spielberichtsbogen wider. Am System gab es nichts zu rütteln. Das 3-4-1-2 fand beim Kraftakt in Antwerpen ebenso Anwendung wie zuletzt gegen die Hauptstädter – und nun gegen Piräus. Im Vergleich zu den genannten Begegnungen mit drei beziehungsweise fünf personellen Änderungen.

Unabhängig von der Aufstellung war es allen Beteiligten ein Anliegen, schneller zu spielen, also mit weniger Kontakten, um Ballverluste zu minimieren und die Chancenzahl zu maximieren. Beleg gefällig: Bei exakt ausgeglichenen Spielanteilen von 50:50 Prozent passte Frankfurt 445 Mal, Piräus 393 Mal. Davon fanden 356 auf der einen und 294 Zuspiele auf der anderen Seite einen Abnehmer. Getreu Sepp Herberger: „Der schnellste Spieler ist der Ball.“

Comebacks des Spiels

Alles andere als schnell ging es zuletzt nach dem Geschmack von drei Darstellern des dritten Europapokalaktes dieser Spielzeit zu. Als da wären:

Goncalo Paciencia, der ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub zum ersten Startelfeinsatz mit dem Adler auf der Brust seit dem 24. Februar 2020 gekommen war. „Mein letztes Spiel über fast 90 Minuten liegt schon länger zurück. Ich habe mich gut gefühlt und habe gespürt, dass ich der Mannschaft helfen kann“, freute sich der Portugiese, der mit seinem strammen Schuss den 3:1-Endstand provoziert hatte.

Verstehen sich: Goncalo Paciencia und Rafael Santos Borré.

Abgebrüht abgestaubt von Daichi Kamada, der mit dem Treffer seinen ersehnten ersten Scorerpunkt in diesem Spieljahr verbuchte. Es war das siebte Tor im 13. Europa-League-Spiel für Frankfurt, dazu gesellen sich zwei Assists.

Last but not least: Sebastian Rode, der in der 82. Minute nach über zwei Monaten wieder auf das Spielfeld zurückkehrte. „Es hat sich sehr schön angefühlt, wieder auf dem Platz zu stehen. Vor allem mit dem Sieg als Krönung an einem Europapokalabend, der fast wie früher war. Das Stadion wird auch immer voller, von daher kann man sich fast nichts besseres wünschen.“

Ausblick: Party ja, feiern nein

Bei aller Freude behielt sich der Kapitän auch die nötige Portion Ernsthaftigkeit, wohlwissend, dass sich die Mannschaft von den internationalen Punkten im Bundesligaalltag nichts kaufen kann: „Wir müssen mehr Konstanz reinbekommen.“ Gleichwohl sieht der 31-Jährige auch eine Chance daran, „diese Leistung als Maßstab“ nehmen zu können, ja zu müssen. Also „für die kommenden Spiele Selbstvertrauen mitnehmen und den Kampf annehmen“. Angefangen am Sonntagabend beim VfL Bochum. Damit der spontanen Party nicht der nächste Kater folgt.