11.04.2020
Historie

„Schlechtes Wetter, schlechter Heese“

Vor 50 Jahren hat Horst Heese die Eintracht mit einem für ihn einmaligen Dreierpack zum Sieg gegen den VfB Stuttgart geschossen.

Horst Heese, inzwischen 76 Jahre alt, hat die Eintracht von 1969 bis 1972 als Spieler sowie 1993 sowie als Trainer erlebt. Der 11. April 1970, also genau vor 50 Jahren, war für ihn ein besonderer Tag.Horst Heese, was fällt Ihnen zum 11. April 1970, also heute vor 50 Jahren, ein?
War es das Spiel gegen Offenbach?Nein, gegen den VfB Stuttgart.
Ah! Da habe ich beim 4:0 drei Tore gemacht. Mein einziger Dreierpack für die Eintracht. Ich weiß noch: schlechtes Wetter, schlechter Heese. Die Leute haben mich schon ausgepfiffen. Aber dann hat es doch geklappt. Das erste war unten links mit dem Fuß, die anderen beiden weiß ich nicht mehr. Es war eine blöde Saison. Wir hatten eine tolle Truppe, wären aber beinahe abgestiegen, wenn wir nicht in Offenbach gewonnen hätten. Am 10. April 1993, also fast genau 23 Jahre später, konnten Sie Ihren ersten Sieg als Eintracht-Trainer feiern.
Ja, das war gegen Werder Bremen, ich glaube, ein 2:0. Zum Auftakt hatten wir in Saarbrücken unentschieden gespielt. Ich erinnere mich, bei denen war der verrückte Peter Neururer Trainer. Verrückt war wenig später auch das Spiel in Uerdingen. 5:2 auf dem Feld gewonnen, aber doch mit 0:2 verloren. Was war passiert?
Ich hatte einen Ausländer zu viel eingewechselt. Slobodan Komljenovic hatte sich direkt vor der Trainerbank verletzt, blutete am Kopf wie ein Schwein. Wir waren geschockt. Ich wusste nicht, dass der Slobo Deutscher ist, wechselte Marek Penksa, einen Slowaken, ein. Plötzlich rief ein Fan: „Heese, du hast Mist gebaut!“ Da fiel es unseren Betreuern auch auf. Ich holte Penksa, der kein einziges Mal am Ball war, wieder runter, doch der DFB blieb hart, wir verloren die Punkte. Der Titel war endgültig futsch, am Ende wurden wir Dritter. Und in den Medien musste ich lesen: „Heese kann nicht bis drei zählen.“ Da hatte ich keine Lust mehr, Trainer in Deutschland zu sein. Solche Sprüche musste ich meiner Familie nicht antun. Schade, bei der Eintracht hätte noch mehr entstehen können. Also hat es Ihnen bei der Eintracht gefallen?
Klar! Ein Uli Stein im Tor. Du wusstest: Da passiert nichts. Ein Uwe Bein im Mittelfeld. Du wusstest: Da kommen geile Pässe. Ein Anthony Yeboah im Sturm. Du wusstest: Bekommt er den Ball, macht er ihn rein. Da konnte ich als Eintracht-Trainer ganz entspannt auf der Bank sitzen. Wieso leben Sie heute eigentlich in Belgien?
Das hatte gut zu meiner Familie gepasst. Als meine Kinder klein waren, hatte Belgien schon ein tolles Schulsystem, zweisprachig, Französisch und Deutsch. Das hat gepasst, da sind wir hängen geblieben. Ich ging damals als Spieler von der Eintracht zum HSV und von dort nach Eupen. Die Eintracht hatte ja in den vergangenen zwei Jahren insgesamt drei Spieler an belgische Klubs ausgeliehen. Haben Sie die verfolgt?
Echt? Nein, das wusste ich nicht. Verfolgen Sie die Bundesliga?
Klar. Am Samstag sitze ich um 18 Uhr mit einem Glas Wein auf dem Sofa, schaue die Sportschau und lächele. Sie lächeln – warum?
Der Fußball hat sich sehr stark verändert. Wer da inzwischen alles hochgejazzt wird, das ist kaum zu glauben. Das ist kein Neid, denn wir haben damals auch gutes Geld verdient. Ein Porsche hat damals 5000 Mark gekostet, wir haben 15.000 verdient. Das war schon gut. Aber wenn heute einem mittelmäßig begabten Spieler der Ball verspringt, dann wird ein neuer Rasen verlegt. Wenn einem Kroos ein toller Pass gelingt, wird der aus zehn oder zwanzig verschiedenen Perspektiven gezeigt. Bei uns haben ein Grabowski oder ein Nickel zehn oder zwanzug tolle Pässe pro Partie gespielt. Zum Schluss kommen wir doch nicht an Corona vorbei. Wie geht es Ihnen?
Gesundheitlich gut, aber trotzdem schlecht. Meine Frau und ich hatten im Herbst entschieden, unser Haus zu verkaufen und dafür auch in Eupen eine Wohnung zu kaufen. Doch die ist noch nicht fertig, derzeit leben wir in Düsseldorf in einer kleinen Wohnung, die unserem Sohn gehört. Sie hat zwar einen Balkon, aber in den vergangenen Tagen haben wir gemerkt, dass ein Sonnenschutz fehlt. Jetzt hoffen wir, dass wir Mitte Mai in unsere neue Wohnung umziehen können.