15.05.2020
Historie

Vom Waldstadion zum Deutsche Bank Park – Teil 3

Der finale Geschichte über die Entwicklung des Sportparks im Stadtwald befasst sich mit den vergangenen 15 Jahren.

Es war klar: Für die Fußballweltmeisterschaft 2006 musste das Waldstadion deutlich modernisiert werden. Eigentlich hat man zwischen 2002 und 2005 ein völlig neues Stadion gebaut, auch wenn offiziell von einem Umbau die Rede war. Der Spielbetrieb musste weiterlaufen, und trotz deutlicher Einschränkungen im Zuschauerbereich realisierte die Eintracht in dieser Zeit die legendäre Rückkehr in die Bundesliga durch das 6:3 gegen Reutlingen am letzten Spieltag 2002/03. Aufstiegstrainer war damals Willi Reimann, der wenige Monate später auf der Baustelle zum Container-Willi wurde. Denn aufgrund einer Strafe hatte er an fünf Spieltagen Innenraumverbot, Reimann verfolgte die Spieler aus einem Baucontainer auf der Haupttribüne.

Stück für Stück, Seite für Seite, wurden die alten Ränge und Tribünen abgerissen und durch neue ersetzt. Das Waldstadion wurde ein reines Fußballstadion, die alte Laufbahn entfiel, die Zuschauer rückten dadurch ein ganzes Stück ans Spielfeld, natürlich ausgestattet mit einer guten Drainage und einer Rasenheizung, heran. In die Haupttribüne wurden 76 Logen, 2200 lederne Business-Seats und große VIP-Räume eingebaut. Der Komfort für zahlungskräftige Besucher erhöhte sich enorm, zumal unter der Arena eine riesige Tiefgarage rund 1800 Autos Platz bot. Die heißesten Eintracht-Fans worden auf der Nordwesttribüne untergebracht, also dort, wo sich früher auch der legendäre G-Block befand. Das Besondere an diesem Bereich: Diebei internationalen Begegnungen vorgeschriebenen Sitzreihen konnten für Bundesligaspiele abmontiert werden, wodurch sich die Gesamtkapazität von 48.500 auf 51.500 Plätze erhöhte.

Tiefgarage, Logen, Zeltdach

Und noch eine Eigenheit hatte das neue Stadion zu bieten: Ein riesiges Zeltdach, das in knapp 20 Minuten über dem Spielfeld geschlossen werden kann. Man sprach deshalb auch vom „größten Cabrio der Welt“. Das allerdings auch seine Tücken haben konnte: Während des Endspiels um den Confed Cup 2005, das Brasilien mit 4:1 gegen Argentinien gewann, ging ein fürchterliches Gewitter über Frankfurt nieder. Eine der Dachwaben füllte sich so lange mit dem Regen, bis sich das Sicherheitsventil öffnete und ein riesiger Wasserschwall in der Nähe einer Eckfahne auf den Boden schoss. Planungsfehler, meckerten manche. Andere verwiesen darauf, dass in einem Stadion ohne Dach die Partie hätte abgebrochen werden müssen. Einerlei, der Confed Cup hatte gezeigt, welches Schmuckstück die neue Arena ist. Eingeweiht wurde sie mit dem Eröffnungsspiel des Turniers, in dem sich Deutschland mit 4:3 gegen Australien durchsetzte.

Die Eintracht als Hauptmieter profitierte natürlich auch von der modernen Anlage, obwohl sie eine hohe Summe Jahr für Jahr an den Eigentümer, die Sportpark Stadion Frankfurt am Main Gesellschaft für Projektentwicklungen mbH, überweisen musste. Aber die Zuschauerzahlen schossen in die Höhe, was der darbenden Fußball AG weiter auf die Beine half. Die Fans konnten sich bereits in der Saison 2006/07 über die UEFA-Cup-Spiele gegen Bröndby IF, US Palermo und Newcastle United freuen.

Doch auch andere Fußballteams zog es in den Stadtwald. Die Frauen des 1. FFC Frankfurt gewannen hier 2008 zum dritten Mal den UEFA-Cup, stellten gegen Umeå IK mit 27.500 Zuschauern einen neuen Rekord im Vereinsfußball der Frauen auf. Sowohl der SV Wehen Wiesbaden als auch der FSV Frankfurt zogen in den Stadtwald um, als ihre eigenen Stadien umgebaut wurden. Ja, selbst der türkische Verband wich mehrmals nach Frankfurt aus, als er wegen einer UEFA-Strafe Qualifikationsspiele zur Europameisterschaft 2008 nicht im eigenen Land austragen durfte. Stark besucht waren auch das öffentliche Training der deutschen Fußballnationalmannschaft im November (!) 2007 mit 31.000 Zuschauern und das Frauenländerspiel zwischen Deutschland und Brasilien vor 44.000 Zuschauern, seinerzeit europäischer Rekord im Frauenfußball.

American Football fand dagegen nur noch am Anfang regelmäßig statt, da sich die Frankfurt Galaxy im Sommer 2007 zusammen mit der NFL Europe auflöste. Für die Eintracht hatte dies in den darauffolgenden Jahren den Vorteil, dass sie ihre hauptsächlich in der Gegentribüne untergebrachte Geschäftsstelle um die verwaisten Räume der Galaxy erweitern konnte. Apropos Räumlichkeiten: Im Jahr 2007 richtete sich das Eintracht-Museum im Erdgeschoss der Haupttribüne ein und zeigt seither auf mehr als 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche die wechselvolle Geschichte des Vereins. Etwas früher öffnete der Eintracht-Fanshop auf der anderen Seite des Business-Bereichs mit etwa identischer Fläche, beide Räume wurden während der WM 2006 als Presseräume genutzt. 

Als Madonna für eine Spielabsage sorgt

In der eigentlich reinen Fußballarena fanden weitere verschiedene Veranstaltungen statt. Am 6. September 2014 feierten beispielsweise die Handballer einen Zuschauerweltrekord. Am „Tag des Handballs“ wurde hier die Bundesligapartie zwischen den Rhein-Neckar Löwen und dem HSV Hamburg (26:24) vor 44.189 Zuschauern ausgetragen. Jahre zuvor hatten sich ebenfalls Zehntausende zum Internationalen Deutschen Turnfest hier getroffen, Schwergewichtsboxer Wladimir Klitschko hatte seinen WM-Titel gegen den in Nigeria geborenen Samuel Peter verteidigt. Die Zeugen Jehovas hielten hier große Kongresse ab, Popgrößen feierten mit ihren Fans rauschende Open-Air-Nächte. Die Rolling Stones, Genesis, Herbert Grönemeyer, Madonna, Bon Jovi, Depeche Mode oder auch Comedians wie Mario Barth und Bülent Ceylan sorgten für tolle Stimmung. Madonna hatte im September 2008 für ein kurioses Novum gesorgt: Drei Tage nach ihrem Konzert musste das Punktspiel gegen den Karlsruher SC kurzfristig abgesagt werden. Der neue Rollrasen war noch nicht angewachsen, die Schiedsrichter stuften die Verletzungsgefahr als zu hoch ein. Trainer Friedhelm Funkel hatte damals die Absage begrüßt: „Es wäre ein Glücksspiel unter freiem Himmel geworden, und das ist in Deutschland verboten. Die Gesundheit der Spieler wurde in den Vordergrund gestellt“, sagte er.

Es waren abwechslungsreiche 15 Jahre, in denen das Frankfurter Waldstadion Commerzbank-Arena hieß. Wobei die Saison 2018/19 natürlich unvergessen bleiben wird mit ihrer langen Reise durch Europa, die erst im Halbfinale der UEFA Europa League unglücklich endete. Berauschende Spiele und unglaubliche Choreografien erfreuten nicht nur die Frankfurter. Mannschaft, Fans und Stadion waren plötzlich ganz Europa ein Begriff.

Und so wird es im Deutsche Bank Park ab dem 1. Juli für mindestens sieben Jahre weitergehen: Als sich Eintracht-Vorstandsmitglied Axel Hellmann und Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, kürzlich im Stadion trafen, ließen sie recht genau durchblicken, was sie wollen. „Wir haben zwar viele Veranstaltungen im Stadion, aber im gesamten Umfeld kann man viel mehr machen. Deswegen haben wir bei der Erstellung des Konzeptes gesagt: Lasst uns mal größer denken. Lasst uns auch Breitensport- und Businessveranstaltung sowie eine Begegnungsstätte daraus machen. Dafür wird man Zeit brauchen, das muss man entwickeln, aber das ist der große Unterschied zu dem Konzept der vergangenen Jahrzehnte“, sagte das Vorstandsmitglied der Eintracht. Und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank ergänzte: „Wie Axel Hellmann gesagt hat: Es geht nicht nur um den Profisport, sondern darum, dass Eintracht Frankfurt und die Deutsche Bank zusammen für die Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet und in Frankfurt eine Erlebnis- und Begegnungsstätte entwickeln.“ Die Fans werden die langfristige Zusammenarbeit optisch wahrnehmen: Die Spielstätte wird sich bald in den Eintracht-Farben präsentieren. Also unter neuem Namen und traditioneller Flagge.