19.04.2021
Historie

„Eintracht war Deutschlands Aushängeschild“

Michael Thurk stürmte für Frankfurt und Augsburg. Hier spricht er über das Duell seiner Ex-Klubs, die Entwicklung der Eintracht und eine Zugabe nach der Karriere.

Michael, am Dienstag begegnen sich mit der Eintracht und dem FC Augsburg zwei deiner ehemaligen Klubs. Wie intensiv verfolgst du die Saison der beiden?
Die der Eintracht verfolge ich definitiv intensiver. Frankfurt spielt eine großartige Saison und kann sich am Ende mit dem Einzug in die Champions League belohnen.

Welche Erinnerungen hast du an deine Zeit in Frankfurt?
Es war nicht die einfachste Zeit meiner Karriere. Ich kam damals aus Mainz und habe keinen besonders hohen Stellenwert genossen. Obwohl Frankfurt meine Heimatstadt ist und es immer ein Traum von mir war, für die Eintracht zu spielen, hat es nicht so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Situation war nicht einfach.

Nach anderthalb Jahren hat es dich zum FC Augsburg gezogen, mit dem du unter anderem Torschützenkönig der Zweiten Liga wurdest. War dieser Wechsel der erhoffte Neuanfang für dich?
Ja, absolut! Ich bin im Winter 2008 nach Augsburg gewechselt, wurde sofort sehr gut aufgenommen und habe direkt die Rückendeckung der Fans gespürt. Dadurch habe ich den Spaß am Fußball schnell wiedergefunden und gezeigt, dass ich sehr erfolgreich kicken kann.

Vier Jahre nach deinem Karriereende hast du 2018 einen Spielerpass erworben, um beim FC Stätzling in der Landesliga unweit von Augsburg aushelfen zu können. Konntest du dich noch nicht damit abfinden, die Fußballschuhe endgültig an den Nagel zu hängen?
Doch, eigentlich schon. Ich war zu der Zeit als Jugendtrainer beim FC Stätzling tätig und dem Verein sind aufgrund von Verletzungen und Sperren die Spieler ausgegangen. Ich habe mich dann bereit erklärt, auszuhelfen, wenn man mich braucht. Natürlich unter der Voraussetzung, dass meine Jungs nicht zur selben Zeit auf dem Platz stehen. Irgendwann war der Engpass so groß, dass kaum noch Spieler zur Verfügung standen und die Bank nicht mehr vollständig besetzt werden konnte. Dadurch bin ich noch zu drei Einsätzen gekommen.

Und hast sogar noch ein Tor erzielt…
Ja, das stimmt. Ich muss aber dazu sagen, dass es ein Elfmeter war (lacht). Es war ehrlicherweise auch nicht so einfach, nach vier Jahren ohne Training plötzlich wieder auf dem Platz zu stehen. Körperlich war das nicht mehr machbar.

Als du deine aktive Laufbahn 2014 beendet hast, warst du immerhin 38 Jahre alt. Für einen Stürmer nicht schlecht, oder?
Ich habe aber auch später angefangen, als die meisten anderen Fußballprofis (lacht). Zumal ich meine Karriere leider verletzungsbedingt beenden musste, sonst hätte ich auch noch ein paar Jahre mehr im Tank gehabt. Ich habe mich wirklich gut gefühlt, aber die Verletzung hat mich so weit zurückgeworfen, dass ich gemerkt und entschieden habe, dass es nicht mehr geht. Ich hätte gerne noch weiter Fußball gespielt.

Danny und Dominik haben sofort frischen Wind in die Mannschaft gebracht.

Michael Thurk

Seit der aktuellen Saison bist du als Scout beim FSV Mainz 05 tätig. Wie gefällt dir deine neue Aufgabe?
Es ist schön, wieder beim FSV zu sein. In Mainz bin ich damals zum Profi gereift und jetzt wohne ich wieder hier. Ich war vorher im Trainerteam von Sandro Schwarz, danach hat es mich in die Scoutingabteilung verschlagen. Ich freue mich in erster Linie, wieder und weiterhin mit Fußball zu tun zu haben. Der Fußball hat mein Leben bestimmt und tut es zum Glück heute noch.

Dabei kümmerst du dich hauptsächlich um eure verliehenen Spieler. Umgekehrt stehen mit Danny da Costa und Dominik Kohr derzeit zwei Frankfurter Profis leihweise für den FSV auf dem Platz. Wie siehst du die beiden?
Danny und Dominik haben sofort frischen Wind in die Mannschaft gebracht. Mit ihrer Einstellung und ihrer Mentalität haben sie sicherlich einen großen Anteil daran, dass Mainz in der Rückrunde so erfolgreich Fußball spielt.

In der aktuellen pandemiebedingten Situation häufen sich Leihgeschäfte. Wie betrachtest du diesen Trend?
Durch die Coronakrise sind die finanziellen Mittel der Vereine deutlich limitierter als vorher und es werden weniger Spieler fest verpflichtet. Die großen Klubs können weiterhin Transfers tätigen, für andere Vereine ist es hingegen nicht ganz so einfach. Bei Spielern, die bei ihrem Klub nicht so oft wie erhofft zum Einsatz kommen, macht eine Leihe für alle Seiten Sinn. Wenn es dann so läuft wie mit Danny da Costa und Dominik Kohr, ist es definitiv eine Win-win-win-Situation für die Spieler und beide Vereine.

Michael Thurk kennt sich mit Europa aus: Gegen Bröndby IF gelang ihm 2006 ein Hattrick.

Kommen wir zurück zur Eintracht. Wie nimmst du die Entwicklung deines ehemaligen Klubs wahr?
Die Entwicklung in den vergangenen Jahren ist sehr beeindruckend. Ich glaube, dass in der jüngsten Vergangenheit viele gute Entscheidungen getroffen wurden, gerade in Bezug auf Spielertransfers. Es wurden Spieler verpflichtet, die sich in Frankfurt unglaublich gut entwickelt haben und für hohe Summen verkauft werden konnten. Zudem stand auch das internationale Geschäft immer wieder auf der Tagesordnung. Frankfurt hat Deutschland in der Europa League wahnsinnig gut vertreten. Schade, dass es 2019 nicht für den Titel gereicht hat. Trotzdem war die Eintracht zu dieser Zeit Deutschlands Aushängeschild.

Am Dienstag möchten die Adler den nächsten Schritt Richtung internationalen Fußball machen, Augsburg hingegen schnellstmöglich den Klassenerhalt sichern. Was erwartest du für ein Spiel?
Ich gehe davon aus, dass es ein sehr umkämpftes Spiel werden wird. Augsburg ist sehr gut organisiert und steht defensiv stabil. Ich denke aber, dass sich die Eintracht durchsetzt, weil die Qualität der Spieler eine ganz andere ist. Ich bin mir sicher, dass Frankfurt gewinnt und sich am Ende der Saison für die Champions League qualifiziert.