10.01.2021
Bundesliga

Nicht nur gut für die Bilanz

Mit dem 2:0 in Mainz macht die Eintracht sowohl im Ligageschäft als auch historisch weiter Boden gut. Doch die Wirkung des dritten Dreiers in Serie ist wesentlich weitreichender.

Kurzer Zauber, langer Atem

Gegen Ende der ersten Halbzeit wirkte es, als hätten die Adlerträger vollends zur Spielfreude aus dem Heimsieg gegen Bayer 04 Leverkusen zurückgefunden. Nicht nur Amin Younes holte sich nach dem Auswärtserfolg bei Mainz 05 das nächste Sonderlob von Martin Hinteregger ab: „Ein Spieler wie Amin, der die Situationen auf ganz engen Räumen lösen kann und kluge Pässe wie vor dem 1:0 auf André spielt, tut uns gut und ist wertvoll für uns.“ Auch in den hinteren Reihen fingen die Adlerträger kurzweilig an zu zaubern: Evan Ndicka leitete mit einer Pirouette à la Landsmann Zinédine Zidane einen Gegenstoß ein (37.), Djibril Sow behalf sich wie selbstverständlich mit der Hacke (39.). Es blieben helle, aber kurze Strohfeuer in der OPEL ARENA, wo spätestens nach dem Seitenwechsel Grundtugenden und Geduld verlangt waren. „Schon beim Aufwärmen war uns bewusst, dass es in Mainz schwer werden würde, weil es schwierig ist, auf dem Platz zu spielen. Trotzdem haben wir es den Umständen entsprechend gut gemacht und den Gegner weit von unserem Tor weggehalten“, verwies Hinteregger auf den holprigen Untergrund, der keinen Vergleich zum erst zum Jahreswechsel ausgetauschten Teppich im Deutsche Bank Park darstellte.

André Silva: Mehr als der Mann vom Punkt

Elf Saisonstore: André Silva.

„Es war sehr schwierig, den Ball zu verarbeiten“, bemerkte auch André Silva, der die vermeintlichen Probleme wie alle Adler erst gar nicht an sich heranlassen wollte und die Situation nahm wie sie war: Der Portugiese verwandelte nicht nur seine Bundesligaelfmeter fünf und sechs, wozu sich zwei weitere im DFB-Pokal gesellen, und feuerte am häufigsten aufs Gehäuse (5), sondern führte mit Abstand auch die meisten Luftduelle (13), von denen er knapp die Hälfte gewann (46,2 Prozent). Zum Vergleich: An zweiter Stelle folgt Erik Durm mit fünf Zweikämpfen in der Luft. Dass sich die Hessen von vorne bis hinten ihren Widersachern stellten, beweisen weitere Fakten der Offensivreihe. Gemeinsam mit Silva war Younes in die meisten Zweikämpfe verwickelt (18) und Filip Kostic verzeichnete die meisten Ballgewinne (12).

Fast jeder Pass von David Abraham findet seinen Adressaten.

Weshalb auch Djibril Sow meinte: „Phasenweise haben wir es nicht schlecht gemacht und das Spiel kontrolliert.“ Kontrolle, die schon die hinterste Reihe ausstrahlte: Aus der Dreierkette spielte Martin Hinteregger die meisten Pässe (68), Evan Ndicka, mit 32,78 Stundenkilometern zugleich der schnellste Frankfurter, gelangen die meisten erfolgreichen Zuspiele (49) und David Abraham in seinem letzten Bundesligaauswärtsspiel die anteilig meisten (92,7 Prozent).

Im Fokus: Die Penalty-Party

Bastian Dankert sieht sich zwei Elfmeter für Mainz in der Wiederholung an: Und revidiert richtigerweise beide.

Dass am Ende die zweite weiße Weste nach dem 2:0 in Augsburg stand, analysierte Abwehrchef Hinteregger folgendermaßen: „Wir hatten einen guten Torhüter und vielleicht davor auch so gut gearbeitet, dass der gegnerische Stürmer weiß, dass das seine einzige Chance ist und er sie verwerten muss.“ Namentlich Jonathan Burkardt, der drei Mal sein Glück versuchte, aber in der Viertelstunde nach dem Seitenwechsel erst daneben, dann an den Außenpfosten und schließlich auf Kevin Trapp zielte. Hinzu kam – Glück wäre eigentlich der falsche Begriff – möglicherweise die Tatsache, dass der Video Assistant Referee (VAR) im Regelwerk verankert ist. Denn sowohl die für Frankfurt gegebenen zwei Strafstöße (24., 72.) ließ sich Schiedsrichter Bastian Dankert aus dem Kölner Keller bestätigen, während VAR Matthias Jöllenbeck nach den zwei Elfmeterpfiffen für die Nullfünfer (60., 89.) einschritt. „Trotz der ungleichen Verteilung - richtig lag Jöllenbeck bei allen vier Entscheidungen“, waren medial Beteiligte wie die Bild und sportlich Betroffene wie Cheftrainer Adi Hütter einer Ansicht: „Alle Entscheidungen waren richtig, ich bin ein Fan des Videoschiedsrichters. Ich verstehe aber die Mainzer Aufregung bei den zwei Situationen, in denen sie keinen Elfmeter bekommen.“

„Über eine gesamte Saison betrachtet gibt es immer Phasen, in denen man mehr und weniger Glück hat. Mal fallen dir die Bälle vor die Füße, mal dem Gegner. So etwas gleicht sich immer aus“, nahm’s Hinteregger entsprechend sportlich. Ausgeglichen war bis zum 15. Spieltag übrigens auch das Torverhältnis, das die SGE nun auf 25:23 zu ihren Gunsten drehen konnte. Beinahe kurios, aber bezeichnend für die Unberechenbarkeit der Bundesliga, dass der SC Freiburg dank seines 5:0-Kantersieges über den 1. FC Köln die SGE sogar von Rang acht verdrängte.

Feines Füßchen, breite Brust: Amin Younes.

Ab auf die Couch

Younes war das hinterher einerlei: „Die Bundesliga ist sehr ausgeglichen. Auf die Tabelle schaue ich nicht, sondern bin der Meinung, wir sollten einfach so weitermachen. Wenn uns das gelingt, sind wir sehr schwer zu bespielen. Spätestens jetzt nimmt uns jeder sehr ernst. Wir können die nächsten Spiele mit breiter Brust angehen“, hob der Offensivallrounder den wohl wertvollsten Wert hervor: das zurückgewonnene Selbstverständnis.

Dazu zählt für die Profis auch die entsprechende Arbeitsauffassung, wie Durm nach dem Wiedersehen mit seinem Ex-Klub die nächsten Tage skizzierte: „Am Sonntag steht Regeneration an, wir müssen zusehen, dass wir den Körper schnellstmöglich wieder fit bekommen. Dann geht’s ab auf die Couch – solange es meine Kleine [Tochter; Anm. d. Red.] zulässt.“ Nächste Woche geht der Fokus sogleich aufs Nachholspiel im DFB-Pokal bei Bayer 04 Leverkusen. Vorbereitung und Analyse gleichermaßen heißt es also für Durm und Kollegen: „Das wird eine harte Nuss. Wir haben erst gegen sie gespielt und wissen, was auf uns zukommt. Sie aber auch.“ Tatsache.