12.01.2021
Historie

„Wir kommen weiter!“

Dragoslav Stepanovic verlor mit der Eintracht das bis heute letzte Pokalduell mit Leverkusen und wurde dennoch Pokalsieger – mit Bayer. Knapp 28 Jahre später spricht er über die Neuauflage.

Stepi, wie geht’s dir in diesen Tagen?
Vor den Spielen geht’s mir immer gut (lacht)! Im Ernst: Wir sind weitgehend zu Hause, ich mache selbst manchmal meine Spaziergänge in der Wohnung. Meine Frau hat schon geschaut, wann wir geimpft werden können. Außerdem gibt es im Fernsehen genügend Fußball.

Auch am Dienstag. Mit einer Begegnung, die es im DFB-Pokal zuletzt 1993 gab. Und mit einer Konstellation, die später noch kurios werden sollte. Wie hast du diese Zeit damals erlebt?
Ich war Eintracht-Trainer, wir hatten das Halbfinale gegen Leverkusen mit 0:3 verloren. Danach hat mir ZDF-Reporter Dieter Kürten auf dem Platz das Mikro unter die Nase gehalten und ich habe gesagt: „Das war’s.“

Gemeint war deine Zeit in Frankfurt.
Ja. Ich habe gespürt, dass es zu Ende ist. Ich hatte zur neuen Saison schon in Leverkusen zugesagt. Und als dort der Trainer entlassen wurde, rief Calli [Manager Reiner Calmund; Anm. d. Red] mich an und fragte, ob ich sofort übernehmen möchte.

Du warst dann ab Anfang Mai Trainer bei Bayer 04. Im DFB-Pokalfinale habt ihr die Hertha-Amateure geschlagen.
25.000 Leverkusener waren in Berlin, ansonsten waren alle natürlich für den Außenseiter. Wir konnten frei aufspielen, weil wir durch einen guten Endspurt in der Liga noch die Qualifikation für den UEFA-Cup geschafft hatten. Unser Sieg war schwerfällig, aber verdient.

Der Trainer scheint die Idee gefunden zu haben, wie das Team besser zusammenspielt.

Dragoslav Stepanovic

Es war der letzte große Titel für Bayer.
Ich dachte im vergangenen Pokalfinale, dass Leverkusen die Bayern überraschen könnte. Leider hat es nicht gereicht.

Eine gute Überleitung zur Gegenwart. Wie siehst du Bayer 04 Leverkusen in dieser Saison?
Ihre Frühform war gut, obwohl sie die zwei besten Stürmer verloren haben. Mit einer Mannschaft ohne Stars haben sie zwischenzeitlich auf dem ersten Platz gestanden. Ihr Spielaufbau, die Ballverlagerung, die Ballzirkulation – alles wunderbar. Wenn sie nicht in der letzten Minute diesen Fehler gegen die Bayern machen und das Spiel nicht verlieren, sähe es heute vielleicht wesentlich besser aus. Sie haben 40 Minuten hervorragend Fußball gespielt und hätten höher führen müssen. Aber Leverkusen wird nicht die drei Spiele ohne Sieg im Hinterkopf haben. Es ist ein Spiel, beide Teams möchten weiterkommen.

Natürlich auch die Eintracht. Zuletzt gab es drei Siege in Folge. Was macht die Mannschaft aus deiner Sicht gerade so stark?
Der Trainer scheint die Idee gefunden zu haben, wie das Team besser zusammenspielt. Einige Akteure haben sich gesteigert. Zum Beispiel Amin Younes, den ich schon in Neapel intensiv verfolgt habe. Er war nicht austrainiert, zeigt aber jetzt sein Können. Seine Schnelligkeit, seine Drehungen, seine Dribblings, das Tor gegen Leverkusen – all dies macht mir Hoffnung, dass er ein Leistungsträger wird. Zusammen mit den spielstarken Offensiven zeigt sich, dass dieses System mit einer Spitze und zwei Zehnern dahinter im Moment das Erfolgsrezept ist. Zumal sich André Silva besser entwickelt hat als ich es erwartet hatte. Filip Kostic braucht vielleicht ein Tor als Dosenöffner. Erik Durm spielt nun so wie im Jahr der WM 2014. Djibril Sow ist von allen viel kritisiert worden, jetzt spielt er, wie man es von einem Nationalspieler erwartet. In der Abwehr freue ich mich natürlich auf David Abraham. Seine Erfahrung tut uns sehr gut, sie wird uns ab Sonntag fehlen. Aymen Barkok erinnert mich an Hans-Jörg Criens [Gladbacher Torjäger in den 1980er und -90er Jahren; Anm. der Red.], der als Einwechselspieler seine besten Partien macht.

Es entscheidet die Tagesform, nicht die vergangenen Ergebnisse. Die Partie ist wahnsinnig wichtig für beide.

Dragoslav Stepanovic

Die Eintracht ist gut in Form, Leverkusen schwächelte zuletzt. Wie stehen unsere Siegchancen?
Es entscheidet die Tagesform, nicht die vergangenen Ergebnisse. Die Partie ist wahnsinnig wichtig für beide, denn beide wissen, dass mit Rot-Weiß Essen in der nächsten Runde ein machbarer Gegner wartet und das Viertelfinale winkt. Der DFB-Pokal ist der kürzeste Weg zum Titel, das ist ebenso bekannt. Insbesondere die Eintracht ist eine Pokalmannschaft. Wir haben außerdem noch etwas gutzumachen nach den Ergebnissen in Leverkusen in den vergangenen Jahren. Aber es gibt keinen Heimvorteil bei Spielen ohne Zuschauer. Ich rechne mit einer guten Partie. Wir werden hoffentlich über die Außen die Lücken finden, sodass wir zu Toren kommen.

Wie sind aktuell deine Kontakte nach Leverkusen?
Wir sehen uns, wenn der Verein zu Veranstaltungen anlässlich des DFB-Pokalsiegs einlädt. Dann komme ich gerne nach Leverkusen.

Es ist kein Geheimnis, dass du als Markenbotschafter sowie früherer Trainer und Spieler der Eintracht schon näherstehst, oder?
Mein Verein ist Eintracht! Das war mein erster Verein im Ausland, hier bin ich zu Hause!

Stepi, abschließend die entscheidende Frage: Wer kommt weiter?
Die Eintracht! Ich habe zuletzt beim Tippen gut gelegen und auch die zwei Siege in diesem Jahr gegen Leverkusen und Mainz auf der Rechnung gehabt. Wir kommen weiter! Ich glaube daran und die Mannschaft wird das auch tun.