18.12.2020
Historie

„Okay, ich probier’s!“

Gebürtiger Augsburger, 95-maliger Adlerträger: Martin Trieb hegt für die SGE wie den FCA weiter große Sympathien, wie im Gespräch vor der Begegnung seiner Ex-Klubs deutlich wird.

Martin, du bist in der Nähe von Augsburg aufgewachsen und hast beim FC Augsburg dein erstes Jahr als Profi absolviert. Wie kam es anschließend zum Wechsel zur Eintracht?
Das lief eigentlich über die deutsche U20-Auswahl, weil wir im Oktober 1981 in Australien Weltmeister geworden sind. Daraufhin hatte ich offenbar das Interesse der Eintracht geweckt und Anfragen aus Frankfurt erhalten. Damit ging alles los.

Was war das für ein Gefühl, die U20-WM zu gewinnen?
Ein solcher Titel ist im Grunde genau das, was sich ein Fußballer wünscht oder zumindest erträumt. Man sagt sich immer: Mensch, da würde ich auch mal gerne dabei sein. Damit es irgendwann tatsächlich wahr wird, ist auch immer mit etwas Glück verbunden. Ich verbinde mit dieser Zeit als Fußballer immer noch tolle Erinnerungen.

Du bist damals nicht nur in eine neue Stadt, sondern auch von der zweiten in die erste Liga gewechselt. Welche Bedeutung hatte der Schritt in die Bundesliga für dich?
Wenn man mal an dem Punkt ist, mit Augsburg in der zweiten Liga zu spielen, ergibt sich der Traum von der höchsten Spielklasse fast von selbst. Als sich dann tatsächlich die Möglichkeit ergab, blieb mir eigentlich nichts anderes übrig als zu sagen: Okay, ich probier’s! So habe ich schon immer getickt. Nachdem es im Nachhinein so gut geklappt hat, war ich natürlich froh, diesen Schritt gegangen zu sein.

Welche Erinnerungen verbindest du ansonsten mit deiner Zeit in Frankfurt?
Ich denke gerne an die Erfahrungen zurück, die ich an der Seite von alten Haudegen wie Willi Neuberger, Bruno Pezzey, Bernd Nickel, Michael Sziedat oder Ronny Borchers sammeln durfte. Ich konnte vieles davon mitnehmen, mit derlei gestandenen und namhaften Profis auf dem Platz stehen zu dürfen. Weniger schön war natürlich, dass wir in vier Jahren zwei Mal gegen den Abstieg gespielt haben. Umso positiver blicke ich darauf zurück, dass wir immer die Klasse gehalten haben.

Ich denke gerne an die Erfahrungen zurück, die ich an der Seite von alten Haudegen wie Willi Neuberger, Bruno Pezzey, Bernd Nickel, Michael Sziedat oder Ronny Borchers sammeln durfte.

Martin Trieb

Hast du zu dem einen oder anderen der genannten Kollegen noch Kontakt?
Nicht wirklich, dafür aber zu Freunden außerhalb des Sports, die ich damals bereits hatte. Die sind bis heute geblieben.

Nach zwei weiteren Profistationen bei Waldhof Mannheim und dem SC Freiburg ging’s zurück zum FCA. Welche Gedanken verbindest du mit der Rückkehr in die Heimat?
Wir haben in all der Zeit nie vergessen, wo wir herkommen. Gerade mit Blick auf das Privatleben, weil dort unten unsere Freunde und Familie lebten. Am Ende sagen zu können, ich bin zurück, ist immer ein schönes Gefühl. Auch wenn es vom Profibereich in die Oberliga Bayern [damals dritte Liga; Anm. d. Red.] ging, fand ich das gar nicht schlimm, weil ich beruflich direkt weitermachen konnte.

Wie meinst du das?
Ich bin wieder zu meinem erlernten Beruf, auf den Bau, zurückgekehrt. Ein Jahr später habe ich meinen Maurermeister gemacht und dann zum Teil als Bauleiter gearbeitet, ehe ich 1994 in die überbetriebliche Ausbildung gegangen bin, um den Nachwuchs zu schulen.

Verfolgst du die Eintracht aus der Ferne weiterhin?
Ja, ich erkundige mich weiterhin, wie es läuft und vorangeht. Mit Adi Hütter als Trainer haben sie wirklich einen sehr, sehr guten Fang gemacht. Natürlich ist es immer schwierig zu kompensieren, wenn Leistungsträger verletzt sind oder den Verein wechseln. Dass es nicht immer noch oben gehen kann, weiß ich aus eigener Spielererfahrung (lacht). Von daher betrachte ich die aktuelle Situation weiter entspannt und nicht als gefährlich.

Die Medienlandschaft geht heute viel mehr auf den Fußball ein als zu meiner Zeit.

Martin Trieb

Wie betrachtest du die Lage beim FC Augsburg?
Augsburg wird es immer schwer haben, allein in Sachen Etat. Ich bin aber der Meinung, die Mentalität hier passt insgesamt zum Umfeld: Den Kampf um den Klassenerhalt immer gemeinsam anzupacken. Aber auf dem aktuellen Tabellenplatz ausruhen darf sich Augsburg sicher nicht.

Augsburg ist vergleichsweise spät in die Bundesliga aufgestiegen, hat mit Bayern und 1860 zwei große Traditionsvereine um sich und eine ausgeprägte Wintersportkultur. Erschwert das die Identifikation mit dem Klub?
Fans hatte der FCA eigentlich schon immer. Freilich haben wir zu Oberligazeiten nicht vor 15.000 Hartgesottenen gespielt, sondern eher vor 2500 Besuchern. Aber die waren immer dabei. Das ist dennoch kein Vergleich zur Eintracht, die schon immer über eine breite Fanbasis verfügt hat, daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Im Gegensatz zum weiteren Umfeld wie der Medienlandschaft, die heute viel mehr auf den Fußball eingeht als zu meiner Zeit.

Mit Martin Hinteregger und Dominik Kohr spielen zwei Ex-Augsburger für Frankfurt. Welchen Eindruck hast du von den beiden?
Ich halte die zwei für sehr, sehr gute Spieler. Wirklich schade, dass sie Augsburg verlassen haben. Es tut schon weh, sie nicht mehr im FCA-Trikot spielen zu sehen.

Abschlussfrage: Wie geht’s am Samstag aus?
Da in meiner Brust sozusagen zwei Herzen schlagen, würde ich mir ein Unentschieden wünschen, am besten ein 2:2. Damit könnte ich gut leben, weil mich zu beiden Vereinen doch sehr viel verbindet.