04.11.2020
Bundesliga

Vielfalt vor dem Tor

Der VfB Stuttgart ist seit fünf Partien ungeschlagen und begeistert mit seiner offensiven Spielweise.

Situation: Sofort da

Der VfB ist mit einer 2:3-Heimniederlage gegen den SC Freiburg in die Saison gestartet, hat seitdem aber immer gepunktet. Sieben der bisher gesammelten neun Zähler holten die Schwaben in der Fremde, zu Hause ist der Bundesligarückkehrer in dieser Saison allerdings noch sieglos. Nach der Auftaktpleite spielten die Stuttgarter in den jüngsten beiden Heimspielen gegen Bayer 04 Leverkusen und den 1. FC Köln jeweils 1:1. Ebenfalls mit 1:1 trennte sich Stuttgart in der vergangenen Woche in Gelsenkirchen vom FC Schalke 04 und ließ dabei nach dem 4:1 in Mainz und dem 2:0 bei Hertha BSC erstmals Punkte in der Fremde liegen. Cheftrainer Pellegrino Matarazzo hielt nach der Begegnung fest, dass ein Sieg möglich gewesen wäre, zeigte sich aber optimistisch: „Wir nehmen aus dieser Partie das Positive mit und wissen zugleich, woran wir noch arbeiten müssen. Für uns geht es darum, in den kommenden Spielen weitere Punkte zu sammeln.“ Unterm Strich stehen nach sechs Spieltagen zwei Siege, drei Unentschieden und eine Niederlage – ein mehr als gelungener Saisonstart für den Aufsteiger.

VfB Stuttgart 2020/21
Kompakt2 Siege, 3 Unentschieden, 1 Niederlage, 11:7 Tore, 9 Punkte, Tabellenplatz 7
FormkurveS-U-S-U-U
TorschützenKalajdzic (3), Wamangituka (2), Castro, Didavi, Gonzalez, Kempf, Klimowicz, Mangala (je 1)

Trainer: Pilgerer zwischen Mathe und Fußball

Pellegrino Matarazzos Werdegang ist durchaus ungewöhnlich. Der 42-Jährige startete seine Fußballkarriere bei den Columbia Lions, dem Team seiner Universität in New York, an der er ein Mathematikstudium abschloss. Im Jahr 2000 zog es den ehemaligen defensiven Mittelfeldspieler mit amerikanischer und italienischer Staatsbürgerschaft nach Deutschland. Hier spielte er für verschiedene Vereine in der Ober- und Regionalliga, ehe er seine aktive Laufbahn 2010 bei der zweiten Mannschaft des 1. FC Nürnberg beendete. Dort wurde Matarazzo direkt im Anschluss Co-Trainer von René Müller, unter dem er zuvor drei Jahre lang gespielt hatte. In den folgenden Jahren blieb er dem FCN als Co-Trainer der zweiten Mannschaft und als Coach der Jugendabteilung erhalten, ehe er im Juli 2017 bei der U17 der TSG Hoffenheim anheuerte.

Ein halbes Jahr später beförderte ihn Julian Nagelsmann, mit dem er sich während der Ausbildung zum Fußballlehrer ein Zimmer teilte, zum Co-Trainer. Nach anderthalb Jahren an der Seite von Nagelsmann und dessen Nachfolger Alfred Schreuder verpflichtete ihn der VfB Stuttgart am 30. Dezember 2019 als Cheftrainer. Matarazzo, dessen Vorname Pellegrino im Italienischen so viel wie Pilger bedeutet, übernahm die Schwaben in der Winterpause, als sie auf dem dritten Tabellenplatz standen, und führte den Verein als Zweiter auf dem direkten Weg zurück ins Oberhaus. Im Mai drückten die Verantwortlichen ihr Vertrauen in den Coach mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung bis 2022 aus.

Taktik: Jugend forsch

Mit einem Durchschnittsalter von 24,3 Jahren hat der VfB in dieser Saison den jüngsten Kader der Bundesliga und der zeigt schon jetzt, welche Qualitäten die Spieler besitzen. Die Schwaben können das ligaweit fünftbeste Torverhältnis vorweisen – nur der FC Bayern, Borussia Dortmund und Leipzig haben mehr Treffer erzielt. Lediglich vier Teams stellen eine bessere Abwehr. Auffällig: Nach sechs Partien haben bereits acht VfB-Spieler ein Tor erzielt, kein anderes Team kann zu diesem Zeitpunkt mehr Torschützen verzeichnen. Coach Matarazzo baut auf ein 3-4-2-1-System, in dem die defensive Dreierkette zuletzt aus dem Ex-Adlerträger Marc Oliver Kempf, Atakan Karazor und Pascal Stenzel bestand. Innenverteidiger Waldemar Anton verpasste die jüngsten drei Partien aufgrund einer Außenbandverletzung im Sprunggelenk, könnte gegen die Eintracht allerdings erstmals seit dem dritten Spieltag wieder in der Startformation stehen.

Nicolás Gonzales sicherte auf Schalke per Elfmeter das 1:1.

Im Mittelfeld kamen Orel Mangala, Wataru Endo, Borna Sosa und der 19-jährige Tanguy Coulibaly zum Einsatz. Letztgenannter musste im Spiel gegen Schalke zwar leicht angeschlagen vom Platz, trainiert aber schon wieder voll mit der Mannschaft. In der Offensive vertraut Matarazzo auf den zwei Meter langen Sasa Kalajdzic als einzige Spitze, dahinter ist Gonzalo Castro gesetzt, der am zurückliegenden Spieltag neben Mateo Klimowizc auflief. Als weitere offensive Alternativen stehen der mit 35,4 Stundenkilometern schnellste Spieler der Liga Silas Wamangituka, Daniel Didavi und Nicolás Gonzalez bereit. Der 22-jährige Argentinier hat als Stuttgarter Topscorer mit 14 Toren und drei Assists in der vergangenen Saison einen großen Teil zum Aufstieg beigetragen, fehlte zu Beginn der Saison aber aufgrund eines Muskelbündelrisses im Hüftbereich. Am vergangenen Freitag kam Gonzalez zur zweiten Halbzeit in die Partie und sorgte mit seinem Treffer vom Elfmeterpunkt für den 1:1-Endstand. Gegen die Eintracht gilt er als Kandidat für die erste Elf.

Spieler im Fokus: Wataru Endo

Der Mittelfeldspieler kam in der vergangenen Saison als Last-Minute-Transfer nach Stuttgart und vorerst für ein Jahr auf Leihbasis von der VV St. Truiden. Nachdem der 27-Jährige in den ersten 13 Saisonbegegnungen eine einzige Minute auf dem Platz gestanden hat, entwickelte er sich im Anschluss schnell zum Stammspieler und verpasste lediglich eine Partie aufgrund einer Gelbsperre. Auch in dieser Saison führt an dem 1,78 Meter großen Mittelfeldmann kein Weg vorbei – Endo stand in jedem der bislang sechs Ligaspiele sowie in der Ersten Hauptrunde des DFB-Pokals über 90 Minuten auf dem Feld. Der vor der Saison fest verpflichtete Japaner äußerte seine Ziele mit dem VfB kürzlich gegenüber der Bild: „Für uns zählt in dieser Saison nur der Klassenerhalt. Aber ich möchte zukünftig auch gerne mit dem VfB in der Europa League oder Champions League spielen.“ Seinen Wert für die Mannschaft stellt Endo jede Woche auf dem Platz unter Beweis: Beim kicker ist er der notenbeste Spieler der Schwaben, zudem hat er mit 101 Zweikämpfen neben Herthas Matheus Cunha die ligaweit meisten gewonnen und lieferte als eigentlicher Abräumer zuletzt auf Schalke mit drei die meisten Torschussvorlagen.

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